Costa Rica, 5. Mai 2021
Heute soll es zu den Schildkröten an der atlantischen Karibikküste Costa Rica gehen. Allerdings nicht auf den üblichen, touristisch ausgetretenen Pfaden. Wir haben einen Besuch im Pacuare Reserve eingeplant. Inklusive Begleitung der nächtlichen Schildkrötenzählung am Strand. Sicher ein Höhepunkt unserer kleinen Rundfahrt.
Es ist kurz nach 9 Uhr. Nur noch die letzten Sachen ins Auto räumen und los geht es. Doch dann kommt der Anruf. Zwei freiwillige Helfer im Reservat sind verschollen. Nachts haben sich die jungen Franzosen ohne Abmeldung unerlaubt aus dem Camp rausgeschlichen… und sind nicht zurück gekehrt. Die Polizei ist aktuell vor Ort und geht vom Schlimmsten aus.
Ganz ehrlich, wir sind frustriert! Erst Lockdown in der Zentralregion und jetzt zwei leichtsinnige *** im Dschungel. Könnte nicht einmal etwas laufen wie geplant? Aber vielleicht ist das ja auch nur viel zu deutsch gedacht…
Wir überlegen hin und her. Hierbleiben und dann wohl (noch mehr) verlängern oder weitere Wege in Kauf nehmen? Wir entscheiden uns für letzteres und fahren in die Guayabo Lodge in der Nähe des aktiven Volcano Turrialba. Das ist zwar erst für später vorgesehen, scheint nun aber das geringste Übel. Falls das Reservat zeitnah wieder freigegeben wird, bedeutet dass für uns neben Aufregung und Koordnationsaufwand insgesamt gut 3 Stunden mehr Autofahrt…
Am nächsten Tag kommt dann die Information, dass die Franzosen wieder aufgetaucht sind. Hatten sich im Dschungel verlaufen. Ganz toll. Wenn man Mist baut, sollte man doch zusehen, dass Unbeteiligte nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Na wenigstens haben die zwei jetzt eine tolle Geschichte zu erzählen. Von uns dazu nur ein nicht ganz ernst gemeintes „Merci beaucoup!“
Update vom 7. Mai 2021
Heute mittag sind wir im Parcuare Reserve angekommen. Die Begrüßung ist ausgesprochen freundlich. Unter anderem von einem Briten. Natürlich kommt das Gespräch auf den oben beschriebenen Vorfall. Ich erzähle wenig begeistert, was das für uns bedeutet hat und merke an, dass er es ja nicht war, der sich verlaufen habe.
Da wird er etwas leise und meinte überraschend: „Yes, it was me and a guy from Costa Rica“. Sie seien noch bei Tageslicht losgelaufen, haben den Pfad verloren und dann war es schnell dunkel. Nach 18 Stunden im Dschungel wurden sie gefunden.
Da ist es nun also natürlich an uns, allen Franzosen erst einmal „Pardon!“ zu sagen. Zu einem ironischen „Many thanks!“ kann ich mich trotzdem nur bedingt hinreißen lassen. Dazu ist er einfach zu nett und kümmert sich wirklich toll um uns. Natürlich entschuldigt er sich vielfach und recht schnell ist die Episode weitgehend vergessen.
Was nicht vergessen werden sollte ist jedoch, wie sich schon bei so einer – im Grunde – Kleinigkeit und ausgesprochen kurzen Informationswegen eine Geschichte komplett verändern kann. Das Spiel „Stille Post“ hat keine Chance, die Realität zu schlagen. Eine dezente Erinnerung daran, Informationen im Zweifel kritisch zu hinterfragen…