Baños am Sonntag

28. Februar 2021

Der kleine, aber für Ecuador wichtige Wallfahrtsort Baños de Agua Santa (Bäder des heiligen Wassers) liegt auf 1.800m Höhe am Rand der Sierra und wird auch „Tor zum Orient“ genannt. Die sich das Tal des Río Pastaza entlang schlängelnde Straße führt nach Osten weiter bis in den Regenwald. Wir biegen dagegen zusammen mit erstaunlich vielen anderen Autos Richtung Baños und werfen kurz unser Gepäck im Hotel ab. Dabei staunen wir nicht schlecht über die Lage. Das Zimmer bietet einen grandiosen, unverbaubaren Blick auf die Schlucht mit wildem Fluss. Wir freuen uns schon auf das morgen bevorstehende Frühstück mit Aussicht.

So kann der nächste Tag beginnen!

Dann machen wir uns auf Erkundungstour. Eigentlich sind wir inzwischen an eine gewisse „touristische Einsamkeit“ gewöhnt. In dieser Hinsicht ist momentan weltweit ja wohl nicht allzu viel los. Wären wir nicht zufällig gerade unterwegs, käme uns auch kaum die Idee, wild umher zu reisen. So erwarten wir also auch in Baños eher spärlich besuchte Attraktionen. Am Sonntag. Was für ein Irrtum!

Sendero de las Antenas

Direkt hinter dem Hotel führt eine kleine Brücke über den Fluss und der Weg dann in engen, steilen Kurven den Berg hinauf zu einem wärmstens empfohlenen Aussichtspunkt. Die Straße ist gut ausgebaut, sauber gepflastert und fast schon bequem ausreichend für zwei Autos nebeneinander. Trotzdem geht es eher langsam voran. Es ist einfach richtig steil. Meist im ersten, maximal kurz im zweiten Gang kämpfen wir uns mit hoher Drehzahl empor… und laufen schließlich auf ein noch langsamer fahrendes Auto auf. Die letzten Kilometer ziehen sich wie Kaugummi.

Der erste kleine Schock dann kurz bevor wir oben ankommen. Stau. Am Straßenrand parken schon jetzt Besucherautos, es kommt Gegenverkehr und der Schleicher vor uns bleibt einfach mal stehen. Wir gehen es pragmatisch an, parken kurzerhand und laufen den Rest.

Stau!
Ausblick auf Baños

Der zweite Schock folgt am Aussichtspunkt. Rechts führt ein kleiner Steg über den Abhang, die „Hände Gottes“ bilden ein beliebtes Fotomotiv. Natürlich gibt es auch die in Ecuador gefühlt allgegenwärtigen Schaukeln. Im Hintergrund dröhnt Musik. Und es ist brechend voll. Dicht gedrängt stehen die vorwiegend einheimischen Wochenendtouristen Schlange für die schönsten Erinnerungsfotos.

Die Hände Gottes?!
… sind beliebt!

Wir versuchen nach oben zu entkommen. Vorbei an wartenden Pferden und schnaufenden Menschenmassen finden wir das dekorativ im Baum drapierte Elfenhaus „La casa del duende“. Offensichtlich handelt es sich auch dabei um ein beliebtes Fotomotiv. Wieder eine Menschenschlange, in Paaren oder Gruppen stellt man sich neben die Holzfigur, setzt die Masken ab und den bereitliegenden Hut auf, lächelt, Klick, Schichtwechsel. Da verspüren selbst unsere Kinder keine Lust auf einen persönlichen Besuch.

Kurzer, leerer Moment
Die idyllische Ruhe täuscht ein wenig!

Schnell suchen wir das Weite. Auf dem Weg nach unten sehen wir auch, warum die Straße so gut ausgebaut ist. Wiederum musikalisch untermalt rauscht ein kleiner Touristenbus vor uns nach unten. Der Fahrer scheint jede Kurve im Schlaf zu kennen. So fahre ja nicht einmal ich!

Parque Eco Zoológico

Nächster Programmpunkt des Tages ist der Besuch eines kleinen Zoos. Uns ist natürlich klar, dass die Zurschaustellung eingesperrter Tiere heutzutage oftmals kritisch gesehen wird. Auch wir haben durchaus gemischte Gefühle. Trotzdem ist es gerade auch für Kinder eine Gelegenheit, Tiere so zu sehen, wie es in der freien Natur meist nicht möglich ist, ihre Schönheit zu bewundern, sich einzufühlen und echte Sympathien zu entwickeln. Und natürlich mag mancher das auch nur als einlullenden Selbstbetrug sehen…

Wie auch immer. Der Zoo von Baños legt seinen Schwerpunkt auf die Fauna der Umgebung. Und wieder ist es brechend voll. Wenigstens verhält sich der Großteil der Besucher weitgehend vernünftig. Trotzdem suchen wir im Wirrwarr der Wege verzweifelt ruhige Ecken.

Die folgenden Tierfotos sind eine kleine Auswahl von Samuel:

Müdes Tapir
Müde Ozelots
Der weiße Tiger ist hier ein Exot

Die Anlage selbst ist wirklich imposant auf die Felsen am Rande der Schlucht gebaut. Immer wieder geht es hoch und runter und der Blick kann abwechselnd in die Ferne schweifen und die vielen interessanten Tiere beobachten.

Über die Felsen verteilter Zoo

Cascada Pailón de Diabolo

Direkt östlich von Baños zieht sich eine „Wasserfallroute“ entlang der Pastaza-Schlucht. Für deren ausführliche Erkundung könnte man gut und gerne eine ganze Woche in der Gegend verbringen. Wir haben jedoch nicht soviel Zeit und stürzen uns gleich auf einen der Höhepunkte: den Wasserfall der Teufelsschlucht. Bei der Einfahrt in Río Verde staunen wir trotz der vorangegangenen Erfahrungen nicht schlecht. Es herrscht wahre Volksfeststimmung. Menschen treiben auf großen Reifen auf dem Wasser, Musik, volle Straßen, Essen, Trinken, lustiges Beisammensein. Wow!

Jeder Schritt nach unten ist nachher ein Schritt nach oben.

Wir suchen und finden schnell den Eingang zur Wasserfallwanderung. Der steile Weg bergab endet am Fuß des Wasserfalls, den wir so aus nächster Nähe bewundern können. Natürlich werden wir dabei pitschnass, doch es lohnt sich.Von der nahen Brücke sieht man dann auch den namensgebenden Felsen in Form eines Teufelskopfes. Nun müssen wir nur noch den ganzen Weg wieder nach oben. Puh…

Den engen Schleichweg weiter hoch gehen nur die Kinder

Baños-City

Für die Fahrt zurück zum Hotel brauchen wir eine halbe Ewigkeit. Fast eine Stunde stehen wir im Rückreisestau. Das hat uns gerade noch gefehlt. Soviel Normalität auf einmal hätte es wirklich nicht gebraucht.

Es weihnachtet sehr… auch am 1. März!

Abends machen wir dann noch einen kleinen Stadtbummel. Die meisten, der im eigentlich recht aktuellen Reiseführer, empfohlenen Restaurants sind leider nicht auffindbar oder geben doch ein nicht ganz so einladendes Bild ab. Schließlich entdecken wir nahe des Hauptplatzes das Bambu’s Steak House, in dem wir den unerwarteten Tag gemütlich ausklingen lassen. Soviel geballter Tourismus muss heutzutage erst einmal verdaut werden.