Chimborazzo im Schnee

1. März 2021

Der Chimborazzo ist mit seinen gut 6.260m Höhe über dem Meeresspiegel unbestritten der höchste Berg Ecuadors. Lange Zeit galt er sogar als höchster Berg der Welt. Und so ganz falsch ist das gar nicht mal. Vom Erdmittelpunkt aus gemessen, überragt er tatsächlich den Himalaya und ist so gesehen wirklich der höchste Punkt der Erde.

Im Jahre 1802 unternahm Alexander von Humboldt auf seiner berühmten Südamerikareise mit zwei Kameraden den ersten ernsthaften Besteigungsversuch, scheiterte jedoch irgendwo zwischen 5.600 und 5.900m. Trotzdem eine unglaubliche Leistung. Insbesondere wenn man sich ihre damalige Ausrüstung in Erinnerung ruft. So hatten sie sich auf den spitzen Steinen wohl sogar die Schuhsohlen aufgerissen! Nebenbei brachte diese Expedition die erste genaue Schilderung von Symptomen der Höhenkrankheit. Bis zu seinem Tod im Jahre 1859 war kein Mensch höher gestiegen. Ein von vielen Pionierleistungen dieses bewundernswerten Menschen.

Wir wollen natürlich nicht so hoch hinaus. Trotzdem stehen immerhin 4.850m auf dem Plan. Mit dem Auto. Ja, auf dieser sagenhaften Höhe liegt der Parkplatz bei der unteren Schutzhütte „Refugio Carrel“ . Mit einer grandiosen Aussicht wird es heute jedoch nichts. Schon früh auf der ansonsten recht langweiligen Anfahrt zieht es sich zu. Es fällt Regen. Auf der Piste am Berghang geht er allmählich in Schneefall über. Die Landschaft schimmert blendend weiß.

Oben angekommen ist es zunächst einmal ausgesprochen frisch. Kein Wunder. Ebenso wenig wie der Umstand, dass Samuel natürlich kurze Hosen anhat (… zum Glück wärmt ihn das Feuer der Jugend ;-).

Ansonsten ist im Grund alles normal. Zumindest solange man nur herumsteht und umherschaut. Doch wehe, man fängt an sich zu bewegen. Spontan droht akute Atemnot. La Skipper winkt früh dankend ab. Sie bewacht lieber das Auto.

Ich bleibe hier!
Sicher?

Die Kinder und ich unternehmen einen kleinen Spaziergang. Nicht besonders weit. Nicht besonders schwierig. Und doch kommen wir immer wieder ins Schnaufen. Wir zwingen uns, ganz bewusst und tief durchzuatmen. Ein komisches Gefühl. Es ist, als ob man bei aller Mühe einfach nicht genug Luft bekommt. Obwohl wir noch nicht einmal auf 5.000m Höhe sind.

Ok, bis hierher… aber NICHT weiter!

Überraschend ist ein unvermittelt vorbei fliegender Kolibri. Was macht der bloß hier oben? Die Gegend ist ja nicht gerade von einer üppigen Flora geprägt. In Frage kommt nur der endemische, bis auf 4.000m Höhe lebenden Ecuador-Andenkolibri. Doch dieses spezielle Exemplar hat sich wohl um ein paar hundert Höhenmeter verflogen.

Zeit für eine kleine Schneeballschlacht!
Links die Hütte, rechts ein kleines Denkmal
Stilles Gedenken…

Weiter unten sehen wir auch immer wieder Vicuñas. Diese eleganten Verwandten der südamerikanischen Lamas waren in Ecuador schon lange ausgestorben, erleben mit Hilfe von Zuchtprogrammen jedoch eine Renaissance. Inzwischen leben hier wieder über 6.000 Exemplare. Dabei dienen sie nicht nur als Touristenshow, sondern helfen beim Schutz der Wasserquellen und Verhindern von Erosion.

Derweil zieht es sich immer mehr zu und die Weiterfahrt vom Chimborazzo treten wir in dichten Nebel gehüllt an. Bis zum nächsten Pass auf immer noch 4.100m bleibt es auch so. Wolkenfahrt ohne Sicht!

Nebelpiste den Berg hinunter.

Erst danach klart es endlich auf. Wir nehmen wieder einmal eine Scenic-Route. Malerisch schlängelt sich die Antigua Via Flores entlang von Río Colorado und Río Ambato durch eine enge, nicht Enden wollende Schlucht.

Bremsbereitschaft ist wichtig!

Die nächste Nacht verbringen wir wieder im Cuello de Luna. Das war die Lodge mit Kamin im Zimmer. Erneut ein perfekter Tagesausklang.