Na zu diesem Thema hatten wir ja eigentlich schon etwas passendes unter dem 4. Motto „Zeit“ veröffentlicht. Doch gerade in der Tierwelt ist Vergänglichkeit ja allgegenwärtig und so viel natürlicher als bei uns Menschen, wo das Thema gerne totgeschwiegen wird… zumindest, was die eigene Vergänglichkeit angeht.
Kein Wunder, dass sich da noch ein – zumindest unserer Meinung nach – passendes Motiv im Archiv findet. Wobei wir hierfür schon wieder einmal nicht allzu weit in der Vergangenheit suchen müssen. Unser Beitrag ist erneut auf den Galagapos-Inseln entstanden und zeigt einen Landleguan „im Vergehen“. Es wird sicher noch eine Zeit brauchen, aber er ist unumkehrbar beschritten, der Weg vom Leben zum Staub, der Weg der Vergänglichkeit.
Man mag uns leichtsinnig schimpfen, doch immerhin fahren wir ja nicht auf eigene Faust in überfüllten Bussen durch das Land. Da sei uns bitte verziehen, das wir es uns nicht nehmen lassen wollen, die höchstgelegene Hauptstadt der Welt zu besuchen: Quito! Aber was genau wollen wir eigentlich sehen? Und wie bekommen wir das hin, ohne jetzt doch auf stark frequentierte Verkehrsmittel zurückgreifen zu müssen? Die Antwort hat einen Namen: Fredy!
Noch am Abend unserer Ankunft verabreden wir uns für den nächsten Morgen. Fredy ist schließlich mehr Führer als Fahrer, zudem mit aktuell mehr Freizeit als gewünscht… das wollen wir gerne nutzen. Wir verlassen uns darauf, dass er uns einen interessanten Tag zusammenstellt, das Transportproblem ist ebenso gelöst und außerdem gibt es uns ein zumindest subjektiv sicheres Gefühl, nicht alleine als offensichtlich fremdländische Touristenfamilie durch die Stadt zu laufen. So gewinnen wir alle!
Am Vormittag soll es hoch hinaus gehen. Quito selbst liegt offiziell vermessen schon auf 2.850m. Doch mit der TelefériQo geht es noch höher. Von der Talstation auf 3.050m führt die Seilbahn (=Teleférico) von Quito die Ostseite des – im übrigen aktiven – Hausvulkans Pichincha hoch auf etwa 4.000m. Zum Vergleich: Die Zugspitze als höchster Berg Deutschlands misst 2.962m.
Da hinten wollen wir hin…Da oben wollen wir rauf…
Die 2005 eröffnete Anlage ist ganz offensichtlich auf große Besucherströme ausgelegt. Von Überfüllung kann in diesen Zeiten jedoch nicht gesprochen werden. Nur wenige Parkplätze sind besetzt, an der Kasse ist einer vor uns und die Wartezeit für unsere – natürlich frisch desinfizierte – Gondel nicht existent. In gut ¼ Stunde sind wir oben.
Bitte zügig durchtreten!
Desinfektion muss sein!
Fredy und SamuelDie Vegetation wird auf 4.000m spärlicherAnkunft in der Bergstation
Alles gut und alles normal. So denken wir. Doch dann gehen wir ein paar Schritte. Es ist echt erstaunlich, wie sehr eine nicht angepasste Konstitution auf die dünne Luft reagiert. Kaum etwas geleistet, keuchen und schnaufen wir laut herum. In der Ruhe liegt die Kraft.
Mit dem Wetter haben wir Glück. Hier oben ist es oft unbeständig, die Sicht nicht immer gut. Zwar sehen wir nicht die teils schneebedeckten Gipfel der vielen umliegenden Vulkane vor blauem Himmel glitzern, doch Quito liegt uns beeindruckend zu Füßen und zeigt seine nahezu einzigartige Form. Durch die Lage in einem schmalen Tal ist es eine wirklich lang gezogene Stadt. Meist kaum breiter als 2-3km zieht sie sich in Nord-Südrichtung über 30km hin. Rundherum wachsen die Vororte zusammen und geben dem gesamten Stadtgebiet einen größeren Anschein, als es bietet. Im Überblick scheinen mir Größenvergleiche mit Berlin nicht abwegig. Die deutsche Hauptstadt hat innerhalb seiner Landesgrenzen auf knapp 900km2 etwa 3,7 Mio. Einwohner… vom Umland reden wir da noch gar nicht. In Quito haben Stadt bzw. Einzugsgebiet dagegen ca. 290km2 bzw. 1.000 km², dabei aber „nur“ gut 2 Mio. Einwohner. So kann der Eindruck täuschen.
Schau mal, da ist Quito!
Ecuadorianer lieben Schaukeln. Ganz offensichtlich. Auch hier oben gibt es eine große, ich nenne sie einfach mal „Wolkenschaukel“. Die Kinder lieben sie und selbst für die älteren Semester ist es ein prickelndes Gefühl, wenn die eigenen Beine gut scheinbar frei über der Stadt fliegen.
Manchmal muss ein Papa tun, was ein Papa tun muss. Wer mich kennt, weiß um meine – ich sage mal – reservierte Einstellung zu Pferden. Ich kann mich noch dunkel erinnern, zu Schulzeiten mal ein paar Meter auf dem Rücken des Pferdes meiner damaligen Freundin gesessen zu haben. Das ist nun – ich wage es kaum zu sagen – gut 30 Jahre her. In der Tat habe ich sicherlich mehr Lebenszeit auf dem Höcker von Dromedaren als dem Rücken von Pferden verbracht. Maila ist das herzlich egal. Sie mag Pferde. Und hier oben auf ca. 4.000m kann man eine Runde reiten. Und sonst hat von der Familie gerade niemand so richtig Lust dazu. Kurz und gut: wo und wann, wenn nicht hier und jetzt?! Der Papa macht einen Ausritt mit seiner Tochter!!!
Im Hintergrund der Krater, im Vordergund Pferde…
Wobei man das jetzt auch nicht allzu sportlich einordnen sollte. Maila fließt auf ihr Pferd, der Skipper schafft es auch irgendwie hoch. Ein kurzer Klaps und die Tiere trotten los. Sie kennen den Weg, der mitlaufende Führer hat einen entspannten Tag. Die Pferde kennen aber auch ihre interne Rangordnung. Sehr zu meinem Leidwesen lässt sich mein unter seiner Last erstaunlich gelassener Zorro nicht davon abbringen, konsequent vor Mailas Rey zu laufen. Notfalls setzt man sich durch. Natürlich auf dem steilsten Stück. Immerhin geht es ohne größere Zwischenfälle ab. So reiten wir fast eine halbe Stunde auf einer gemütlichen Runde durch die Ruhe der tollen Landschaft. Und sogar der Papa muss zugeben, dass es ihm so ein ganz klein bisschen Spaß gemacht hat.
Ich warte!
Auf wen denn?
Na endlich…
… kann es losgehen!
Wir genießen noch ein wenig die Aussicht, beobachten wagemutige Mountainbiker, die sich den Hang hinabstürzen und machen uns ganz langsam auf den Weg zurück zur Seilbahn. Wir wollen ja nicht zu sehr keuchen und schnaufen.
Unten angekommen sehen wir noch ein weiteres Opfer unserer Zeit. Oder war es doch überambitionierte Planung? Der kleine Vergnügungspark bei der Talstation ist geschlossen. Wegen fehlender Besucher pleitegegangen. Ein trauriger Anblick. Einer von vielen in der heutigen Welt.
Wieder besser bei Atem machen wir uns nun immerhin noch auf ca. 3.000 Höhenmeter auf in das Zentrum von Quito… doch davon nächstes Mal mehr.