Anfang Juni 2021
Mit der Wahrnehmung ist das so eine Sache. Der berühmte „Perspektivenwechsel“. Ja, ich habe natürlich auch die schönen und lustigen Erfahrungen gemacht, von denen Samuel berichtet. Doch er spricht ja schon ein paar weniger schöne Dinge an. Trotzdem ist ist das aber nur die halbe Geschichte. Der Rest ist eigentlich eher zum Vergessen.
Vorab mal ganz grundsätzlich der Hinweis, dass wir ja nicht ganz ohne Grund ein Segelboot unser Eigen nennen. Für meinen Geschmack sind wir schon viel zu viel damit gemotort. Aber was soll man machen, wenn es mit nur einer Handvoll Knoten von hinten säuselt. Da ist sie wieder, die Sache mit dem scheinbaren Wind. Wenn es mit fünf Knoten von schräg hinten weht und ich (nur mal theoretisch) mit schlappen drei Knoten fahre, dann haben wir halt nur noch einen scheinbaren Wind von knapp 3 Knoten. Von schräg hinten. Und mit diesem lauen Lüftchen bekomme zumindest ich ein tonnenschweres Fahrtenboot praktisch nicht auf drei Knoten Fahrt. Jetzt lass noch etwas Gegenstrom und einen immer noch hinreichend bewachsenen Rumpf dazukommen. Langer Jammerrede kurzer Sinn. Von Costa Rica nach Panama haben wir knapp 340sm runter gerissen. Komplett unter Motor. Toll!


Über andere Geschehnisse (der Nacht) habe ich schon ausführlicher berichtet. Unser kleiner, gefiederter Gast ist wirklich süß, wie er da so eingekuschelt döst. Aber dann ist da ja auch noch die wenig erbauliche Begegnung mit so einem unerwünschten Sechsbeiner. Brauch ich nicht wirklich. Ebenso wenig wie Kurswechsel wegen wetterleuchtender Blitze. Herrlich!
Neu dagegen ist der Müll. Ok, wir haben schon in der vermeintlichen Einsamkeit Chiles verschmutze Strände gesehen und leider entdeckt man auch sonst immer mal wieder etwas auf dem Wasser treiben, das dort definitiv nicht hingehört. Doch so schlimm wie vor der Pazifikküste von Panama haben wir das noch nicht sehen müssen. Flaschen, Tüten, Badelatschen und sonstiges Zeug schwimmt hier rum. WARUM???
Der unbestrittene Höhepunkt dieser Erfahrung deutet sich mit Geschwindigkeitsabfall und einer leichten Vibration an. Haben wir uns was in die Schraube geholt? Aufgestoppt, zurück, vor, enge Kurven, zurück… und plötzlich treiben kleine blaue Plastikfetzen vom Heck weg. Ein wenig „Aktion“ später sind es dann die angefetzten Überreste einer großen Plastiktüte gleicher Farbe. Immerhin läuft der Motor nun wieder rund. Doch zu welchem Preis?
Im weiteren Verlauf der Fahrt bemerke ich das Fehlen weiter entfernter AIS-Signale. Dieses ausgesprochen hilfreiche „Automatic Identification System“ kommuniziert über Funk. Auch auf dem Anrufkanal 16 ist es erstaunlich ruhig. Und das, wo wir hier im Einzugsbereich des Panamakanals sind. Moment mal. Kann das sein? Ein spontaner Blick zur Mastspitze klärt auf. Da wo eigentlich unsere Funkantenne sein sollte, herrscht gähnende Leere. Sie ist weg. Einfach so. Na super!
Doch ich möchte positiv enden. Kurz vor Panama City durchfahren wir die gut gefüllte Reede der großen Pötte und bekommen trotz fehlender Antenne zumindest die AIS-Signale der Umgebung zu sehen.



Bei Anfahrt auf unseren geplanten Ankerplatz für die erste Nacht werden wir nicht schlecht überrascht. Das auf die Karte gelegte Radarbild (rot) zeigt unzählige Echos… ganz offensichtlich sind wir hier nicht alleine. Trotzdem finden wir recht schnell ein vernünftiges Eckchen für uns und genießen entspannt den Ausblick auf die nächtliche Skyline von Panama City.



Insofern ein fast schon versöhnliches Ende der Überfahrt von Costa Rica nach Panama… nicht wahr?! ;-)