Samuel über die Tierwelt in Brasilien (2)

Nach dem erfolgreichen ersten Teil hier nun weitere Eindrücke von der Tierwelt in Brasilien.

Auf der Inselgruppe Abrolhos gab es ein Korallenriff und wie ihr sicher wisst, gibt es in Korallenriffen viele Tiere. Wir sind eigentlich dorthin gekommen um einen kurzen Badestopp zu machen und dann hat Papa auf dem Plotter das Korallenriff entdeckt. Natürlich mussten wir uns das angucken. Als erstes sind Mama, Maila und ich dorthin geschwommen und haben es uns angesehen. Der erste Fisch, den ich gesehen habe war gelb mit schwarzen Pünktchen. Die Farbenpracht der Korallen hielt sich zwar in Grenzen, aber die Fische waren wunderschön.

Später sind Papa und ich dann nochmal hingeschwommen und sind dort länger geblieben. Wir haben noch viele andere Fische gesehen, zum Beispiel einen Fisch, der etwas gefährlich aussah mit seinen Zähnen und mit seinem schwarz-weißen Muster. Es gab auch blaue Fische mit einem „Schnabel“, wo mein Finger lieber nicht rein geraten sollte. Damit haben sie Stückchen der ziemlich hart aussehenden Korallen abgeknabbert. Die größten Fische waren ungefähr so lang wie mein Arm. Es gab auch Seeigel, die zwar niedlich aussahen, aber heimtückisch spitze Stacheln hatten. Das kann ich beurteilen, weil ich mit ihnen leicht in Kontakt gekommen bin.

Papa und ich sind auch noch weiter geschnorchelt, bis ich von Papa lautes Geschrei hörte. Ich habe aufgeblickt und gesehen, dass Papa wollte, dass ich zu ihm schwimme. Als ich dann da war, sah ich sofort die große Schildkröte, die Papa mir zeigen wollte. Sie hatte einen zerkratzten Panzer. Ich habe mit der Unterwasserkamera, die ich dabei hatte, auf jeden Fall zu viele Fotos gemacht. Einmal bin ich sogar so nahe ran getaucht, dass ich die Schildkröte hätte berühren können.

Die nächsten Meeresschildkröten haben wir gesehen, als wir im Hafen bei Rio de Janeiro lagen. Am Anfang dachten wir, es wäre nur eine, die ungefähr so groß war, wie mein Unterarm. Wir haben sie auch einmal Grünzeug vom Stein fressen sehen, wobei sie uns den Popo entgegengestreckt hat. Wir haben später herausgefunden, dass es sogar zwei Schildkröten waren.

Im selben Hafen entdeckten wir wieder Mamas geliebten Herbert (weißer Vogel), der gewachsen war. Komischer Weise folgte er uns immer weiter, zumindest behaupten Mama, Maila und ich das immer scherzhaft.

Nach Rio de Janeiro haben wir ein paarmal geankert, unter anderem bei der Ilha do Mel. Da gab es zwei „schöne“ Tierarten:

  1. Mücken! Zumindest vermuten wir, dass es so welche waren. Wir haben immer wieder gehört, dass man in Brasilien keinen Mückenstich bekommen soll. Na ja, das hat nicht ganz geklappt. Die Mücken haben unser Boot und uns geliebt. Glücklicherweise waren es nicht solche Mücken wie bei uns, sondern man konnte sie recht gut sehen und jagen. Wir hatten zwar einen Mückenschutz, doch der hat gegen diese intelligenten Mücken wenig gebracht. Jedenfalls bin ich jetzt auch mal dran, Tieren einen Namen zu geben. Darum nenne ich sie „Ms. Piks“.
  2. Delfine! Die ganze Familie mag Delfine. Es sind ja auch wirklich schöne Tiere. Und diese haben uns an dem Ankerplatz immer wieder besucht. Manchmal hatten sie einen Fisch im Maul, den sie zu meiner Enttäuschung selbst verspeist haben.

Im nächsten Hafen bei Laguna gab es ebenfalls Delfine. Es waren recht große, hübsche Flussdelfine, die dort anscheinend wohnten und lustig drauf waren. Es gab hier auch eine kleine Insel, die ab und zu überspült war. Immer wenn sie nicht mit Wasser bedeckt war, begann anscheinend das Festessen für viele Vögel, die dann in Schwärmen ankamen.

Als wir von Laguna weiter fuhren, dachte Papa nach einiger Zeit, eine Meeresschildkröte gesehen zu haben. Mama dachte, es wäre Holz. Als wir dann dorthin fuhren, sahen wir ein Flosse, die auf dem Wasser hin und her platschte. Allerdings, als wir noch näher heran fuhren, stellte sich heraus, dass es auch keine Meeresschildkröte war, da es nur zwei Flossen hatte. Zu unserer Überraschung war es ein Mondfisch. Er war zwar nicht sehr groß, aber trotzdem sehr cool. Später entdeckten wir noch einen zweiten Mondfisch.

Auf derselben Fahrt hatten wir auch noch einen blinden Passagier an Bord. Es war ein kleiner, süßer Vogel. Der sich vorne auf dem Bugspriet hingesetzt hatte. Dieses knuffige Tier verließ uns leider nach ein paar Stunden wieder. Ich hätte ihn gerne als Bootsvogel behalten. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass Mama und Papa dagegen wären.

In Rio Grande lagen wir an einem Museumssteg und da gab es auch zwei Tierarten: vier Pinguine und ein Seelöwen in einem kleinen Tierkrankenhaus. Die haben wir öfters besucht. Die Pinguine hatten sogar einen Sonnenschirm.

Auf dem Weg zum Museum lag plötzlich ein Leguan faul in der Sonne. Ich habe noch nie so einen großen Leguan in freier Wildbahn gesehen und zu meinem Erstaunen hat er, als er gegangen ist, den Fußweg benutzt bevor er dann in die Büsche abgehauen ist.

Das war die Tierwelt in Brasilien.

Samuel

Bürokratie in Südamerika: Brasilien

Über die Bürokratie in Südamerika im Allgemeinen und Brasilien im Speziellen haben wir im Vorfeld ja schon einiges gehört. Doch ganz so schlimm wie befürchtet, war es dann doch nicht. Hier ein kleiner Erfahrungsbericht.

Grundsätzliches

In Brasilien muss man beim Ein- und Ausklarieren (so nennt man die Ein- bzw. Ausreise mit einem Segelboot) drei Stationen abklappern:

  1. Policia Federal / Immigration: Hier bekommen alle notwendiger Weise persönlich vorsprechenden Crewmitglieder ihren Stempel in den Pass.
  2. Receita Federal / Customs: Hier bekommt man temporäre Importpapiere für die Yacht. Diese beinhalten dann auch das Datum, an dem man das Land wieder verlassen muss, sonst gibt es eine saftige Strafe (10% des von uns natürlich sehr defensiv geschätzten Bootwertes)
  3. Capitania dos Portos (Teil der Marine): Hier bekommt man einen „passe de entrada“ für den jeweiligen Hafen. Bevor man weiter fährt, muss man nochmal hierher um einen „passe de saida“ zu bekommen, in dem dann auch der nächste Zielhafen angegeben werden muss. Dort angekommen holt man sich dann wieder einen „passe de entrada“ uns so weiter und so fort. Das einzig Gute daran ist, dass es keine wirkliche Einschränkung und Kontrolle der zwischen den Häfen verbrachten Zeit gibt. Man kann sich also Zeit lassen und auch noch ein paar Ankerstopps einlegen.

Und all diese Formalitäten sind ungeachtet der herrschenden Temperatur in anständiger Kleidung (lange Hose, Hemd) vorzunehmen. Ansonsten kann es vorkommen, dass man gar nicht erst eingelassen wird!

Einklarieren in Cabedelo / João Pessoa

Beim Einklarieren haben wir es uns zugegebener Maßen sehr einfach gemacht und das Angebot von Nicolai (Jacaré Yacht Village) wahrgenommen, für eine soweit angemessene Gebühr durch das ganze Prozedere geleitet zu werden. Wir sind zusammen zu der inzwischen umgezogenen Immigration und Zoll gefahren. Während wir nur pflichtbewusst daneben saßen, hat er alles Weitere erledigt. Zum Hafenkapitän ist er dann sogar alleine gefahren und hat uns an und auch gleich wieder abgemeldet. Dass wir dann erst knapp zwei Wochen später losgekommen sind war kein Problem. Als nächstes Ziel haben wir gleich Rio de Janeiro angegeben.

Unseren kurzen Zwischenstopp bei den Ilhas de Abrolhos (auf denen wohlgemerkt ein kleiner Marinestützpunkt liegt) verlief ohne weitere Formalitäten, abgesehen von einer netten Dame, die mit wasserfestem Pad vorbei geschwommen kam, um Bootsnamen und Passagieranzahl zu notieren. Sehr entspannt.

Rio de Janeiro

Auch wenn wir in Charitas / Niteroí lagen, so mussten wir beim Hafenkapitän im gegenüber liegenden Rio de Janeiro vorsprechen. Das wurde natürlich mit unseren Stadtausflügen verbunden, wobei sich der Skipper durchaus eine lange Hose in den Rucksack getan hatte. Hier wurden wir gleich beim Pförtner rein gebeten. Dieser machte einen Anruf, ein schneidig Uniformierter kam, holte unsere Unterlagen und brachte alles Notwendige nach gar nicht mal so langer Wartezeit zurück. Auch hier alles sehr entspannt. Als nächstes Ziel hatten wir gleich Rio Grande del Sur angegeben

Lugano

Nach einigen Zwischenstopps vor Anker hatten wir ja dem netten Lugano einen ungeplanten Besuch abgestattet. Hier nahm die Marine das Thema etwas genauer. Schon am frühen Morgen nach unserer Ankunft wurde ich von einem Uniformierten am Pier freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen, dass ich beim Hafenkapitän vorzusprechen habe. Dort half dann bei den wie üblich einer anderen Sprache als des Portugiesischen unkundigen Kollegen wie so oft „Googel Translate“ weiter. Dass es sich bei Laguna nicht um den angegebenen Zielhafen handelte war kein Problem und wurde an entsprechender Stelle auf dem Formular der Policia Federal vermerkt.

Vom Hafenkapitän wurde ich dann von zwei Uniformierten mit dem Auto zum Boot gefahren und die Samai erhielt nun erstmalig eine kleine Inspektion. Der nette Kollege vom Morgen machte einen pflichtbewussten Rundgang, fragte nach Rettungswesten, Signalmitteln und anderen sicherheitsrelevanten Dingen bevor er zufrieden wieder von Bord ging.

Ausklarieren in Rio Grande del Sur

Dieser Teil gestaltete sich wenn auch nicht schwierig, so doch am Aufwändigsten. Zunächst bin ich zum Hafenkapitän gelaufen, der mich jedoch gleich zur Policia Federal geschickt hatte. Die hatte Mittagspause und so verlief der Vormittag erfolglos. Pünktlich nach der Mittagspause sprach ich wieder mit allen Pässen, jedoch alleine bei der Policia Federal vor. Natürlich wollte man eigentlich alle Passagiere persönlich sehen, jedoch stimmte mein Hinweis auf “família” gnädig und ich bekam alle Pässe gestempelt.

Zur Receita Federal, also dem Zoll, musste ich dann doch ein Taxi nehmen. Weit weg durch ein nicht wirklich Vertrauen erweckendes Viertel ging es zum Industriehafen. Dankenswerter (und natürlich bezahlter) Weise wartete der Taxifahrer und brachte mich anschließend zum Hafenkapitän. Hier war jetzt eigentlich schon für heute geschlossen, aber man kannte mich ja noch vom Vormittagsbesuch und war so nett, auch außerhalb der Öffnungszeiten alle Formalitäten zu erledigen.

Das war es also, Pässe gestempelt, Boot ausklariert und beim Hafenkapitän abgemeldet. Nun hatten wir 72 Stunden um Brasilianische Hoheitsgewässer zu verlassen… und das Taten wir Richtung Uruguay.

Rio Grande del Sur

Natürlich kamen wir mal wieder nachts an. Das kommt sicherlich nicht nur mir inzwischen recht bekannt vor. Nach den letzten Meilen vorbei an ankernden Fischern, Hafenanlagen, großen Pötten engem Kanal und beleuchteter Stadt machten wir um 2:40 Uhr nicht im ortsansässigen Yachthafen sondern auf Empfehlung des nautischen Brasilienführers der RCCPF (Link) am gleich daneben gelegenen Steg des „Museu Oceanografico“ fest. Eine sehr gute Entscheidung!

Da liegen nicht nur Schmuckstücke im Hafen von Rio Grande.

Am nächsten Tag (be)suchte ich Lauro Barcellos, den Direktor des Museums, der meeresbiologischen Lehranstalt CCMar und noch einiger anderer Einrichtungen. Sein Empfang war überwältigend. Ganz in weiß gekleidet kam er mir mit „Ich spreche leider nicht sehr gut deutsch!“ entgegen und nahm sich Zeit für ein sehr freundliches Begrüßungsgespräch in seinem mit verschiedensten Andenken überreich dekorierten Büro. Wir können gerne am Steg liegen bleiben so lange wir möchten, natürlich auch Strom und Wasser nutzen. Bezahlen müssen wir dafür nichts, uns lediglich in sein dickes Buch eintragen und dabei die Frage „What’s a sailboat?“ beantworten. Zum Abschied gab er mir noch eine Flasche Rosé-Sekt für La Skipper und einen Maori-Segensanhänger für das Boot mit. Als er einige Tage später am Steg vorbeikam, erhielt er neben seinem Buch auf seine Bitte hin auch noch unsere ausrangierte Berlin-Flagge als Andenken. Das ist doch das Mindeste!

Natürlich haben wir uns das Museum dann auch mal angeschaut, das neben einer kleinen Sammlung auch ein kleines Antarktis-Museum und das „Centro de Recuperação de Animals Marinhos“ (CRAM) mit aktuell vier Pinguinen und einem Seelöwen beherbergt.

Rio Grande selbst ist nicht unbedingt eine Ausgeburt der Schönheit, wie sich bei den Spaziergängen und Taxifahrten im Zuge der Formalitäten für die Ausreise aus Brasilien zeigte. Viele Häuser waren sicherlich einmal wahre Schmuckstücke, sehen heute aber größtenteils recht „verbraucht“ aus. Eine große Kirche mit zu der Zeit obligatorischer bunter Krippe, eine Fußgängerzone mit 20m langer Schlange vor dem – wie hier üblich separaten, direkt von der Straße erreichbaren – Eisverkauf von McDonalds, ein kleiner Angelladen, erstaunlich viele Möbel- und Matratzengeschäfte, ein schöner grüner Platz im Zentrum… und alles sehr geschäftig.

Schließlich gibt es in der Nähe des Museums einen großen Supermarkt und gleich daneben noch einen Laden, der sich (neben allerlei anderen Sachen) auf Süßigkeiten in Großpackungen spezialisiert hat. Ein Pflichtbesuch für die Kinder!

Ach ja, tanken waren wir in Rio Grande ja auch noch. Und da handelt es sich wirklich um ein schönes kleines Schmankerl. Der Freizeitskipper wird an den hinteren „Steg“ (besser dessen schiefen Reste) gewunken, um dort längsseits festzumachen. Hinten im „U“ zwischen Tanksteg für Fähre rechts und einer hölzernen, weit hineinreichenden Ruine links. Natürlich mit Strom und schräg auflandigem Wind. Aber wie heißt es so schön: In Südamerika tanke man nicht, wenn man muss, sondern immer dann, wenn man halbwegs unkompliziert kann. Und eine Tankstelle zum Anlegen ist hier praktisch der Gipfel der Unkompliziertheit… selbst unter diesen Bedingungen!

Luxustankstelle in Brasilien

Die Formalitäten waren erledigt, Kühlschrank sowie Tank gut gefüllt und schon wieder fünf Tage vergangen. Es wurde Zeit, Brasilien „auf Wiedersehen“ zu sagen. Eigentlich wollten wir von hier ja gleich bis Buenos Aires durchfahren. Doch da machte uns der Wetterbericht mal wieder einen Strich durch die Rechnung, so dass wir nun doch noch dem kleinen Nachbarn Uruguay einen Besuch abstatten würden. Aber das ist eine andere Geschichte.

P.S. Unser Eintrag in das Buch von Lauro Barcellos:

Wetterfenster nach Rio Grande del Sur

Wetterfenster, das: Eine unter Seglern so benannte zeitliche Periode, in der insbesondere der vorhergesagte Wind in Richtung und Stärke gerne nebst Sonnenschein gute Segelbedingungen für das angepeilte Ziel erwarten lassen.

Soweit – so gut… und wie kann das in der Praxis von Laguna nach Rio Grande aussehen?

Das Problem ist, dass es sich hier um einen fast 300sm langen Küstenabschnitt ohne jede auch noch so kleine Chance eines Zwischenstopps handelt. Es muss trotz der tendenziell wechselhaften Bedingungen hier also in einem Rutsch nach S(üd)W(est) durch gesegelt werden. Die eingeholten Wettervorhersagen (Seadocs und Wetterwelt) waren sich recht einig. Nach bevorstehendem, kurzem NE-Wind herrscht in der mittleren Zukunft eine ungewöhnlich stabile SW-Windlage. Zur Erinnerung: beim Wind zeigt (im Gegensatz zur Strömung) die Himmelsrichtung an, wo der Wind herkommt! Wir hatten in absehbarer Zeit also nur eine realistische Chance, ein kleines Wetterfenster mit etwas mehr als einem Tag gut segelbaren Wind Richtung Rio Grande. Also los…

Durchwachsener Auftakt am Dienstag: Vorhersage zunächst schwach windig, später etwas zunehmend auf E 3-4

Von 3m Restwelle (auch Schwell genannt) des vergangenen Südwinds hatte aber keiner was gesagt. Der anfangs fehlende Wind war kein Problem, da wir ohnehin noch den Wassermacher für ein paar Stunden laufen lassen mussten. Und das geht nun mal nur unter Motorfahrt. Nachmittags hatten wir dann mit 4 Bft. E-NE erstmals wirklich gut segelbaren Wind… das Fenster öffnete sich.

Das offene Fenster am Mittwoch: Vorhersage schon nachts weiter zunehmend auf NE 5-6, nachmittags etwas abnehmend aber abends bis nachts wieder zunehmend NE 4

Ja, so sieht ein schönes Wetterfenster aus. Kräftiger Wind von hinten versprach schnelles Segeln mit vielen Meilen und weitgehend unkritischer Welle. In der Tat nahm der Wind sogar schon Dienstagabend zu. Nein, nicht auf 5-6 Bft. sondern gleich mal auf Böen über 30 kn (also 7 Bft.). Da reichte das Großsegel im 1. Reff lange Zeit völlig aus. Nachmittags nahm der Wind bei inzwischen geschlossener Wolkendecke tatsächlich auf 4 Bft. ab. Unter Vollzeug machten wir weiter gut Strecke. Abends war der Wind dann plötzlich weg. Einfach so. Da hatte er wohl die Vorhersage nicht richtig gelesen. Und wir mussten viel früher als erwartet schon den Motor anwerfen. Wenigstens blieb der von Wetterwelt prophezeite Regen aus.

Unvergessliches Finale: Vorhersage ab Donnerstag früh SW 4-5 (evtl. Böen 6), abends abnehmend und S-drehend

Diese Vorhersage war der Grund, warum wir eigentlich schon Montagabend losfahren wollten, was aus den geschilderten Gründen leider nicht klappte. Ja, das eigentliche Wetterfenster war hiermit geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt sollten wir jedoch keine 40sm vor der Einfahrt in gut geschützte Gewässer stehen. Nicht schön, aber 4-5 Windstärken auf die Nase lassen sich unter Motor für eine gewisse Zeit halbwegs plausibel fahren.

Der Wind kam dann leider überpünktlich. Schon um 3 Uhr nachts wehte es exakt aus SW. Allerdings mit 5, in Böen 6 Windstärken. So zum warm werden. Den gesamten Donnerstag blies es schließlich mit konstanten 6 Bft. und regelmäßigen Böen über 30kn (stabile 7) voll auf die Nase. Gerade mal 24 Stunden zuvor war das, wenn auch minimal schwächer, exakt umgekehrt! Und es sei daran erinnert, dass aufgrund des zu diesem Zeitpunkt defekten Autopilots (der mit den Bedingungen aber ohnehin seine Probleme gehabt hätte) immer, also wirklich immer jemand (ok… zu 90% der Skipper) am Steuer stehen musste.

Etmal, das: Die mit einem (Segel-)Boot in 24 Stunden zurückgelegte Strecke über Grund in Seemeilen. Eine Seemeile hat die Länge von 1.852m. So ein mittleres Etmal für Fahrtenboote unserer Größe liegt mit 5kn Durchschnittsgeschwindigkeit bei 120sm. Wenn es schlecht läuft, kann man schon mal unter 100sm rutschen. Bei guten Bedingungen und/oder passendem Strom geht es natürlich selbst bei uns auch gerne mal höher. Von der Atlantiküberquerung eines etwas größeren Fahrtenbootes wurde kürzlich sogar ein persönliches Rekord-Etmal von 189,4sm (im Schnitt knapp 7,9kn!) berichtet.

Ja, auch wir schreiben hin und wieder an dieser Stelle die Information über unser Etmal. Doch heute möchte ich ein Statement gegen die unter Seglern weit verbreitete, fast schon wahnhafte Fixierung auf diese Kennzahl abgeben. An eben jedem Donnerstag legten wir von 10:30 Uhr bis 15:24 Uhr knapp 7,5sm zurück. Das ergibt rein rechnerisch ein Etmal von ca. 36sm. Das ist auf der Ostsee etwas mehr als die Strecke Kühlungsborn – Travemünde. In 24 Stunden. Diese Neuentdeckung der Langsamkeit könnte man fast genießen, würde denn die Sonne scheinen und hätte sich die Welle nicht auf ruppige 2-3m aufgebaut. Immerhin wurde sie durch die mit der Welle (und damit gegen uns) laufenden Strömung nicht weiter „aufgesteilt“.

Fast den ganzen Donnerstag kamen wir also gelinde gesagt SEHR langsam voran. Lange Zeit zeigte der Geschwindigkeitsmesser kaum mehr als 1kn SOG (Speed Over Ground) an. Zur Erinnerung für Nicht-Segler: kn = Knoten = sm pro Stunde… 1kn sind also knapp 2km/h! Um 15:24 Uhr sahen wir dann erstmals seit Stunden wieder einen Wert über 3kn und nach einer gefühlten Ewigkeit war es Freitag früh um 0:25 Uhr endlich geschafft. Nach über 20 Stunden Quälerei standen wir endlich vor der Einfahrt in den großen Lagoa dos Patos. Nach Rio Grande waren es damit zwar immer noch 12sm, doch diese konnten wir nun entspannt, gut geschützt ohne Welle und Gegenwind angehen.

Frei nach dem sehr empfehlenswerten Kling’schen Känguru steht eine Wiederholung dieses Tages ziemliche weit oben auf meiner „Not-2Do-Liste“ :-)

Laguna

Wieder einmal war ungeliebter Südwind angesagt den wir dieses Mal in dem letzten geschützten Hafen vor Rio Grande del Sur abwettern wollten: Laguna. Dieser Ort liegt nicht direkt an der Küste, sondern etwas landeinwärts an einem mit dem Meer verbundenen See gelegen. Die Einfahrt wird von zwei langen Molen flankiert. Man kann leider nicht „geschützt“ sagen, denn der Architekt muss eine besondere Vorliebe für seemännische Herausforderungen haben:

  • Nördlich der Nordmole verzeichnet die Seekarte „Wasserturbulenzen“ bzw. „Brandung“ bis vor die Zufahrt.
  • Nördlich der weiter raus ragenden Südmole ist es über die gesamte Breite der Zufahrt flach und steinig, so dass schon leichter Wellengang für imposantes, mithin unpassierbares „Rauschewasser“ führt.

Natürlich wird die Zufahrt bei Ostwind als „gefährlich“ eingestuft. Natürlich ist auch starker Wellengang aus anderen Richtungen nicht unproblematisch. Und natürlich kamen wir mal wieder nachts an.

Eine Einfahrt wie im Bilderbuch.

Nach dieser Einfahrt ist der Spaß aber noch lange nicht vorbei. In der auf offiziellem brasilianischen Material basierenden Seekarte ist die Zufahrt zum „Iate Clube de Laguna“ klar zu erkennen. Man hält sich im hellblauen Bereich und hat immer mehr als zwei Meter Wassertiefe. Langsam tasteten wir uns voran, schnell wird es deutlich flacher, bei gut einem Meter ziehen wir (mit aufgeholtem Schwert) die Notbremse (rot umkreist). Zeitgleich nehmen wir das Pfeifen und Rufen von der noch am Ufer wartenden Autofähre als das wahr, was sie waren: Für uns bestimmte Warnungen!

„Havarie!“ ruft der Fährkapitän herüber. Wir sollen ihm hinterher fahren… da ist es ok. Im Gegensatz zur Karte, wo die grüne Farbe  (blau umkreist) eigentlich einen bei Niedrigwasser trocken fallenden Bereich anzeigt, war es dort dann auch immer fast 2m tief. Doch die Fähre machte recht bald am anderen Ufer fest, der Yachtclub noch ein Stück entfernt und der Karte offensichtlich nicht zu trauen. Langsam tasteten wir uns mit Suchscheinwerfer am bebauten Ufer entlang, bis wir von zwei in Ihrem Bootshaus stehenden Männern rangewunken wurden. Und dann hat einer von Ihnen tatsächlich sein für die Nacht verstautes Boot wieder zu Wasser gelassen, den knatternden Motor angeworfen und uns sicher bis zum Ziel geführt. Dort wartete schon ein Clubmitarbeiter winkend auf uns, bestätigte seine nicht-Kenntnis der Tiefe am Pier, nahm die Leinen an und wir lagen um halb elf endlich sicher und ruhig auf ca. 1,7m und konnten den Adrenalinspiegel langsam wieder runter drehen.

Sehr zu empfehlen.
Exklusiver Liegeplatz mit Ausblick auf Delfine und Fischer.

Die kleine 1676 gegründete Kolonialstadt zur Seeseite ist zu Fuß schnell erkundet, auf den Besuch der an der Meeresküste gelegenen Touristenhochburg haben wir dankend verzichtet.

Nach zwei – im Übrigen kostenlosen! – Nächten war der Südwind durch und wir wollten weiter. Am frühen Abend hieß es also „Leinen los“ und durch die nun ja bekannte Passage Richtung legendärer Zufahrt.

Dort dann die Ernüchterung. Nicht nur über dem bekannten Flach schäumte das Wasser. Der Schwell der durchgegangenen Front drehte in die Zufahrt und sorgte über die gesamte Breite für Brecher. Schön für Surfer, und wahrscheinlich wären wir da auch irgendwie durchgekommen. Aber das wäre in die Kategorie „unnötiges Risiko“ gefallen. Also für die Nacht zurück zu unserem alten Liegeplatz.

Das muss jetzt nicht sein!

Am nächsten Morgen musste es dann aber wirklich mal weiter gehen, sonst wäre das ohnehin recht kurze Wetterfenster nach Rio Grande geschlossen. Zusammen mit dem die letzten zwei Nächte neben uns gelegenen Katamaran machten wir uns um 6 Uhr auf den Weg. Ja, es sah schon besser aus als am Vorabend, aber so richtig gut war das immer noch nicht. Tapfer kämpfte sich der Katamaran durch, wir hinterher. Am Anfang sah es auch so aus, als wenn wir echt Glück gehabt hätten. Wellen von der Seite, aber keine Brecher… noch nicht. Dann kamen die berüchtigten drei großen Wellen hintereinander (ein Phänomen, das man immer wieder beobachten kann).

Ausweichen ging nicht mehr, von der Seite bekommen sollte man sie auch nicht, also spitz gegen die Brandung gesteuert, Boot auf Kurs gehalten, die kalte Dusche abgeschüttelt, laute Flüche von La Skipper überhört, in der kurzen Pause wieder quer zur Welle die Passage genommen, nächsten Brecher wieder spitz…  schön ist anders.

Aber nach diesen drei Brechern kam dann wieder eine ruhigere Zeit in der wir aus der unmittelbaren Gefahrenzone rauskamen. Nass aber glücklich und bei nun nur noch 2-3m verbliebenen Schwell ging es auf Kurs… rein ins Wetterfenster?!