Samuels Vogelsichtungen in Kolumbien (1)

Wo soll ich anfangen? Es gibt sooo viele Vögel auf der Welt besonders in Kolumbien. Das Land behauptet wohl nicht zu Unrecht, die weltweit größte Artenvielfalt an Vögeln zu haben. Es gibt dort 1.727 bekannte Vogelarten! So viele haben wir zwar nicht gesehen, aber immerhin kommen wir auf eine stolze Summe von 58 Vogelarten, die ich identifizieren konnte.

Wir haben sie verteilt in Kolumbien gesehen und natürlich einige auch an mehreren Stellen. Nur leider kann ich nicht allen Vögeln Orten zuordnen. Aber ich bin fleißig gewesen und habe auf meinem Handy mitgeschrieben. Einen Vogel kennt ihr bereits schon von meinem Beitrag über die Höhlenwanderung. Den Fettschwalm.

Fettschwalm (Foto von eBird.org)

Dann bleiben wir doch erst einmal beim Rio Claro Nationalpark. Wir bewohnten dort ein Zimmer im zweiten Stock. An einem Baum etwas hinter unserem Zimmer und genau am Weg befindet sich ein kleines Kolibrinest. Es wird gerade gebaut, aber leider sehen wir die Erbauer nur einmal kurz und die Kamera ist zu weit weg.

Doch dort sehe ich noch einen anderen Vogel. Den Dickschnabelorganist. Er hing einmal über dem Nest und verschwand dann schnell. Für ein Foto reichte es nicht. Auf der Terrasse des Haupthauses mit Restaurant sehen wir auf dem Baum oft einen Tukan. Ich vermute, dass es sich bei diesem Exemplar um einen Halsbandarassari handelte. Einen Tukan, der gern Babyquetzals verspeist. Der Rücken ist ganz schwarz und der Bauch gelblich. Um die Augen hat er eine rote Färbung. Der Lange Schnabel ist unten meistens schwarz und oben orangegelb. Das Schwarze geht in zackenartigen Verfärbungen in den orangegelben über.

In Villa de Leyva haben wir noch einen Bronzekiebitz gesehen. Nur leider war er die meiste Zeit hinter Sträuchern. Sie sind wohl etwas kamerascheu. Er hat ein leicht bräunliches Gefieder an der Oberseite, ganz braune Schultern, eine schwarze Brust und einen weißen Bauch. Am auffälligsten ist die eine Feder, die vom Hinterkopf absteht.

Weiter geht es. Wir gehen den Weg durch den Park entlang und sehen immer wieder einen Vogel, der seltsam mit dem Schwanz hin und her wedelt. Wir verscheuchen ihn, aber das ist nicht so schlimm. Wir sehen die Vogelart auf dem Weg häufiger herumtanzen. Es handelt sich um den Schmätzerwaldsänger. Das Gefieder am Rücken ist unscheinbar bräunlich. Der Bauch und der beginn des Schwanzes jedoch sind ganz gelb. Das Vögelchen ist auch nicht größer als die Handfläche eines Erwachsenen.

In Barichara, der tollen Finka von Katja, bin ich immer sehr früh aufgestanden. Auch dort leben, mitten im trockenen Regenwald haufenweise Vögel. Denn es hat hier in letzter Zeit sehr viel geregnet und statt, dass alles trocken und braun ist wie in den fünf Jahren seitdem Katja dort lebt, ist es nun saftig grün.

Eine Blauringtaube läuft hier jeden Morgen und eigentlich den größten Teil des Tages auf dem Gelände umher und sucht Samen und/oder Früchte. Der blaue Ring um das Auge ist bei dieser Taube namengebend.

Auch kommt hier jeden Morgen ein Pärchen Safrangilbtangaren vorbei. Sie versuchen auch Samen vom Boden aufzulesen. Zum Glück ist genug für alle da.

männlicher Vertreter mit dem Spitznamen Bert
weibliche Vertreterin mit dem Spitznamen Berta

Ich entdecke sogar einmal einen Chocóspecht. Die Spezies hat einen braunen Rücken, eine rote Kappe und einen schwarz weiß gestreiften Bauch. Nur war er sehr schnell wieder weg. Pech.

Jeden Morgen bekomme ich von Katja einen Tee, um mich bei der anfänglichen Kälte etwas zu wärmen. Auch Mama ist dabei und schaut zu. Am zweiten Tag fliegt ein Vogel mit schwarzem Oberkörper, einem kleinen weißen Fleck an den Flügeln und einem knallig gelbem Bauch auf einen nahe stehenden Baum. Es handelt sich um einen männlichen Mexikozeisig. (ein seltsamer Name, ich weiß!)

Einen anderen Vogel sehen wir dort zum ersten mal. Den Gelbbauchspelzer. Er hat einen weißen Schnabel, einen schwarzen Kopf und dazu einen hellbräunlichem Rücken und einen schmutzig weißen Bauch.

Die ganze Zeit hören wir einen seltsamen Schrei, finden aber keinen dazu passenden Vogel. Plötzlich sieht Mama ihn. Ein Tüpfelguan schreit dort immer herum. Und nicht nur der eine schreit. Es sind bestimmt drei oder vier Tüpfelguane. Bei dem Lärm war das auch zu erwarten. Nach ein bis zwei Stunden wachen die restlichen Familienmitglieder auch noch auf und kommen zu uns.

Das Gefieder muss nach dem Gekreische geputzt werden

Am zweiten Tag taucht plötzlich noch ein großer brauner Vogel mit grauem Bauch auf. Er sitzt in dem großen Baum, in dem ich die meisten Vögel sehe, nur leider zu gut versteckt. Katja weiß, dass der Vogel auf Englich Squirrel Cukoo heißt. Im Deutschen nennt man ihn, wie ich herausgefunden habe, Eichhornkuckuck. Um Bilder von ihm zu machen, laufe ich dem hüpfendem Vogel hinterher. Ja, nicht verlesen! Dieser Vogel hüpft gern von Ast zu Ast. Und das tut er recht häufig und ist auch gut darin, weshalb ich ihn solange gejagt habe wie möglich.

Wir haben bei Katja auch Armbänder gestrickt. Da fliegt plötzlich eine Rotscheiteltangare über unseren Köpfen entlang, landet kurz und fliegt wieder weg. Sie sieht ein wenig wie die Bischofstangare aus, nur mit einem roten Kopfgefieder. Einem Rotscheitel eben.

Bei der Kaffeeplantage Alfanía sehen wir noch diverse Kolibris. Nur den Weißkinn-Saphierkolibri kann ich bestimmen, weil die anderen sich gegen das Licht hingesetzt haben. Frechheit.:-)

Auf der Seilbahnfahrt durch die Schlucht sehen wir die Trauergrackeln.

Großschwanzgrackel

Sie sehen aus wie die Großschwanzgrackel in klein, die wir in Kolumbien überall sonst gesehen haben, außer auf diesem Berg. Fast so häufig wie die Felsentauben in Deutschland. Besonders gern sind die Grackeln auf den Booten gewesen und haben ihren Kot als Dankeschön hinterlassen. Das fand der Skipper nicht so toll.

Andere Vögel, die wir ziemlich oft sehen sind die wunderschön gezeichneten Starkschnabel-Maskentyrannen

… und mächtige Rabengeier, die zu Dutzenden über den Himmel kreisen.

Die hübsche Bischofstangare ist in dieser Gegend aber nicht minder verbreitet.

So… ich glaube, das reicht für heute. Beim nächsten Mal erzähle ich euch von den Vögeln an der Küste und auf dem Meer.

Samuel

Erlebnisse in der Marina Internacional de Santa Marta

Oktober 2021

Der Name mag hochtrabend klingen, doch eines muss man dieser internationalen Marina lassen… sie ist sehr professionell aufgezogen. Wie in Kolumbien üblich haben wir uns vorab angemeldet. Freundliche Begrüßung über Funk, die zwei Liegeplatzanweiser nehmen natürlich auch die Leinen an und belegen sie sogleich, notwendige Unterlagen werden zu uns ans Boot gebracht. Das mag für stark frequentierte Marinas Standard sein, für uns ist es ungewohnt.

Das hat seinen Preis. Mit fast 1$ pro Fuß pro Tag zahlen wir (noch) mehr als in Cartagena, wo uns aber auch die günstigere Monatsrate berechnet wird. Strom und (leider nicht Trink-)Wasser gehen extra. Inklusive ist dagegen ein ganz besonderer Service. Mit einem kurzen Schreiben in der Hand gehen wir zwei Straßen weiter zum Marriott Hotel und erhalten Einlass zum luftig gelegenen Swimmingpool. Entspanntes Baden mit tollem Ausblick.

Blick zur Marina

Unbestreitbarer Vorteil in Santa Marta ist, dass das Boot wirklich ruhig liegt. Nach der Schaukelei der letzten Wochen eine echte Erholung. Natürlich fahren auch hier Party-Boote raus. Besonders am Wochenende tobt lautstarkt das Leben. Maila findet Gefallen an „Pepas“ von Farruko. Das Lied hat es ja wohl sogar in europäische Charts geschafft. Hier dröhnt es mehrmals täglich aus schwimmenden Lautsprechern.

Und dann sind da noch die anderen Crews im Hafen. Ein bunt gemischtes, internationales Publikum kommt da bevorzugt aus östlicher Richtung ins Land. Dabei wird gerade bei jüngeren Seglern eine seemännische Vorbereitung anscheinend nicht immer für notwendig erachtet. „Wir wollen morgen früh weiter. Wieso geht das nicht? Das Zarpe braucht einen Tag?? Was ist ein Zarpe???“ Auch die Sache mit den Masken wird gerade von diesem Publikum oft lax gehandhabt, der Hinweis „No Mask – No Service“ am Hafenbüro fröhlich lächeln ignoriert. Leider ist Kelly, guter Geist und immer hilfreiche Ansprechpartnerin für alle Belange, zu nett um konsequent zu sein.

Party-Meile an Land
Nachbarlieger… ;-)

Ein ganz spezielles Erlebnis ist der Austausch mit unseren deutschsprachigen Nachbarlieger vom Steg gegenüber. Meine erste Diskussion mit einem kritisch hinterfragenden Geist. Obwohl Diskussion vielleicht auch etwas hochgegriffen ist. Sagen wir mal, es war ein geistig nicht anspruchsvolles, aber auf seine eigene Art unterhaltsames Gespräch. Dabei geht es anfangs auch um seglerische Themen „Wow, ihr wart in Patagonien. Da würde ich ja auch gerne mal hin. Was muss man dafür denn können?“ Zweimal verweist mein Gegenüber relativ zusammenhanglos auf seine Tante, die den Biologie-Nobelpreis (sic!) bekommen habe. Dann driftet das Thema mehr und mehr ab. Er erläutert mir ungefragt seine Lebenseinstellung und versichert sein Mitgefühl sowie die Hoffnung, dass wir das mit der Impfung gut überstehen. Er habe das alles in Europa nicht mehr ausgehalten, sich deshalb ein Segelboot gekauft und ist geflohen. Irgendwann fängt er von Bill Gates und seinen miesen Machenschaften an. Das ist der Moment, an dem meine Gedanken dann doch beginnen abzuschweifen. La Skipper wundert sich nur über meine an Selbstkasteiung grenzende Ausdauer. Doch letztlich hilft so ein Austausch(?) ja auch dabei, differierende Ansichten besser zu verstehen. Sollte es zumindest. Und ich habe natürlich auch kein Problem mit anderen Meinungen und Weltanschauungen, solange sie nicht andere Menschen allgemein und unsere Familie speziell in irgendeiner Art und Weise gefährden.

Allerdings habe ich definitiv ein Problem damit, wenn eine fremde Bordkatze (jetzt ratet mal, von welchem Boot…) sich nicht benehmen kann und der Katzenpapa keinerlei Konsequenzen zieht. Im Segel verstecken oder auf das Bimini springen ist kein Thema. „Die macht nichts.“ Da oben die Krallen schärfen dagegen schon. „Was, das kann ich gar nicht glauben!“ Das macht sie auch nicht nur bei uns. Einem brasilianischen Boot pinkelt sie dazu gleich mehrfach auf den Sonnenschutz. „Ach du-du-du… das macht man doch nicht.“ Nach teils lautstarken Diskussionen erklärt sich der Katzeneigner großherzig bereit, das zunehmend nach Katzenpi…. stinkende Bimini zu reinigen. Was das für die Imprägnierung bedeutet, kann man sich ausmalen. Und für dieses absolute Minimum an Gegenleistung wird dann natürlich grenzenlose Dankbarkeit erwartet. Ohne Worte.

Ok, genug davon. Solche Erlebnisse sind natürlich nicht maßgeblich für eine Marina. Auch unter Seglern finden sich immer mal wieder Menschen, mit denen man persönlich nicht so gut klar kommt. Und wie es der Zufall so will, beruht das dann ja oft auch auf Gegenseitigkeit. Insofern (fast) alles gut. Leben und leben lassen. Auf hoher See sind wir ohnehin eine große Familie mit allen ihren Facetten. Da gibt es dann halt auch diesen mehr oder weniger entfernten Verwandten, den eigentlich keiner wirklich einladen will… aber es ist ja die Familie… ;-)

Kurz und gut, in Kolumbien ist die Marina Internacional de Santa Marta durchaus einen Besuch wert. Das hängt letztlich auch mit einer nahegelegenen Attraktion zusammen. Doch davon berichten ein anderes Mal.

Bürokratie in Südamerika: Kolumbien

August/September 2021

Was die Einreise von Seglern angeht, haben die offiziellen Stellen in Kolumbien eine einfache Strategie: Keine direkte Interaktion. Es ist Pflicht, sich einen Agenten zu nehmen. Wir schreiben vorab einige in einschlägigen Führern für Cartagena gefundene Adressen an. Preislich nehmen sie sich alle nichts. 350$ muss man für den Zwangsservice einplanen. Wir entscheiden uns für José (White Light Agency). Von ihm erhalten wir einfach die netteste Antwort. Erst später stellt sich heraus, dass sein leider schon vor Jahren verstorbener Vater Manfred früher der Trans Ocean Stützpunktleiter in Cartagena war. Eine seitdem vakante Stelle.

Vor der Abfahrt müssen wir unserem Agenten Schiffspapiere, Crewliste, Pässe, das internationale Zarpe und unsere geplante Ankunftszeit (ETA) schicken. Damit meldet er uns bei den Behörden an. In Cartagena angekommen, gestalten sich die Formalitäten für uns denkbar einfach. Noch am gleichen Abend holt José die Pässe ab und bringt sie am nächsten Morgen frisch gestempelt wieder. Ich unterschreibe ihm ein paar Papiere. Danach kümmert er sich um den „temporären Import“ unserer Samai. Damit ist auch schon alles erledigt. Ach ja… ein wie auch immer gearteter, auf die Gesundheit zielender Test ist nicht nötig! Einige Tage später bekomme ich alle Unterlagen pragmatisch über WhatApp aufs Handy.

Die innerkolumbianische Weiterreise gestaltet sich noch unkomplizierter. Wir geben unserem Agenten das geplante Abreisedatum und das nächste Ziel durch, er kümmert sich um das obligatorische Zarpe. Ja, man kann hier nicht einfach mal so von Hafen zhu Hafen tingeln. Wie in den meisten zuvor besuchten süd- und mittelamerikanischen Ländern muss man auch in Kolumbien ziemlich genau wissen, wann man wohin will. Da ist es nur logisch, dass der nächste Hafen vorab über die eigenen Ankunft zu informieren ist… natürlich inklusive möglichst genauem ETA (= geschätzte Ankunftszeit).

Während in Cartagena ein „externer“ Agent notwendig ist, übernimmt das in Santa Marta die Marina. Vorab werden alle wichtigen Unterlagen (Schiffspapiere, Pässe, Einreisepapiere, Zarpe) per WhatApp zugeschickt. Der Rest geht seinen bürokratischen Gang.

Auch die Ausreise aus Kolumbien stellt sich für die bekannten Verhältnisse ausgesprochen unkompliziert dar. Um das Stempeln der Pässe kümmert sich der Agent bzw. das Hafenbüro ebenso zuverlässig wie um das internationale Zarpe. Und dann kann es auch schon weiter gehen…

Von Cartagena nach Santa Marta

29./30. September 2021

Auf dem kurzen 110sm-Hüpfer von Cartagena nach Santa Marta gibt es abgesehen vom notorisch ungünstigen Gegenwind und dem erfreulich günstigen Neerstrom dicht unter der Küste besonders eine Kleinigkeiten zu beachten: Die Millionenstadt Barranquilla. Dabei ist streng genommen nicht Kolumbiens wichtigster Karibikhafen (zugleich Geburtsort von Shakira) das Problem, sondern der hier einmündende Río Grande de la Magdalena. Vor gar nicht langer Zeit verbrachten wir ca. 1.000km weiter südlich in Honda an seinem Ufer einen netten Abend. An der Küste sollte ein kleiner Segler jedoch nicht nur ausreichend Abstand halten, sondern tunlichst bei Tageslicht und guter Sicht passieren. Vor diesem Hintergrund teilen wir den Weg auf und steuern den gut geschützten Puerto Velero an. Hier gibt es sogar eine kleine Marina, doch wir werfen lieber in ausreichendem Abstand den Anker und genießen einen entspannten Grillabend.

Letzter Blick auf Cartagena
Das Wetter darf gerne über Land bleiben

Am nächsten Morgen geht es weiter. Recht bald schon kommt Barranquilla und damit die Mündung des Río Magdalena in Sicht. Um sich einen Eindruck von seinen Wassermassen zu machen, werfen wir einen kurzen Blick auf den mittleren Abfluss MQ, also den langjährigen Durchschnitt des auf ein Normaljahr bemessenen durchschnittlichen Abflusses. Beim Río Magdalena liegen wir hier bei gut 7.200 m3/s. Zum Vergleich kommt Vater Rhein in der Summe seiner Mündungen gerade einmal auf 2.900 m3/s und selbst die um einiges längere Donau liegt an ihrer Mündung unter 6.900 m3/s. Das sind wie gesagt Mittelwerte. Wir haben aktuell Regenzeit. Da kann es vorkommen, dass der Río Magdalena mit 6kn rausströmt und dabei natürlich einiges Treibgut mit sich führt. Ganze Baumstämme sind keine Seltenheit.

Abschied aus Bahía Velero

Dazu kommt ein großer, flacher Bereich östlich der Mündung. Wir haben keinen ausgeprägten Wellengang und wollen den Umweg gering halten. Doch dann sehen wir schon von weitem bis weit vor die Küste reichende Brecher voraus. Spontan vergrößern wir den Sicherheitsabstand. Dabei hilft der Fluss kräftig mit. Trotz wie üblich ungenauer Logge verzeichnen wir über drei Knoten Seitenstrom. Hat im Landesinnern wohl nicht viel geregnet?! Wir sind nicht böse. Die See wird auch so schon erstaunlich unangenehm. So schaukeln und strömen wir uns also an den Grünflächen vorbei und sehnen uns nach ruhigerer Gewässern.

Mindestsicherheitsabstand nach Barranquilla
Wenigstens keine Baumstämme
Santa Marta kommt in Sicht…

Den Rest motoren wir entspannt weiter nach Santa Marta. In der Marina werden wir dank obligatorischer Voranmeldung erwartet. Dafür brauchen wir hier keinen Agenten beauftragen, darum kümmert sich das Hafenbüro. Der erste Eindruck rüttelt sich zurecht. Natürlich vergleichen wir mit Cartagena. Sicherlich werden wir hier um einiges ruhiger liegen. Dafür ist das Wasser am Steg nicht trinkbar. Gut, dass unser Tank noch reichlich voll ist. Die Kulisse ist spärlicher, aber doch städtischer als erwartet. Das Seglerpublikum scheint auch anders zu sein… doch dazu ein anderes Mal mehr.

Letzte Tage in Cartagena

Ende September 2021

Nach unserer kleinen Rundreise bleiben wir tatsächlich noch zwei Wochen in Cartagena. Das hat zunächst einmal mit den Einbauten der neuen, zwei Tage nach uns an Bord angekommenen Geräte zu tun.

Allerdings steht leider ein weiterer Arztbesuch auf dem Programm. Nicht nur das langsam abheilende Bein des Skippers hatte sich entzündet, auch bei Samuel zeichnet sich am linken Ohr eine zunehmend unansehnliche Wunde ab. Unsere Bordärztin rätselt. Ist es eine von Sandmücken übertragene Leishmaniose? Die Inkubationszeit beträgt mindestens einen Monat und im tropischen Lebensraum der Überträger treiben wir uns schon seit Jahresanfang herum. Der stets hilfsbereite Hafenmeister John empfiehlt uns einen Hautarzt, der dankenswerter Weise einen schnellen Termin für uns freimacht. Entwarnung. Es ist dann doch „nur“ Impetigo (Borkenflechte). Sehr zur Freude unseres heranwachsenden Sohnes muss die Stelle nun mehrmals täglich gründlich gewaschen und eingecremt werden. Damit wird es schnell besser, aber sicher noch einige Wochen bis Monate dauern, bis gar nichts mehr zu sehen ist.

Kolumbien ist insbesondere für das Exportgut Kokain bekannt. Auch wenn die Regierung diesem Übel den Kampf angesagt hat, wird das wohl auch noch auf absehbare Zeit so bleiben. Es gibt allerdings noch ein anderes Exportgut, mit dem Kolumbien die ganze Welt versorgt: Smaragde! Eigentlich sind wir mit den Souvenirs ja durch. Doch insbesondere in unserem Mineralien sammelnden Sohn reift immer mehr der Wunsch, sich noch einmal intensiver mit der grünen Spezialität des Landes zu beschäftigen.

Wieder ist es Hafenmeister John, der uns eine gute Empfehlung gibt: „Mister Emerald“ Lee Miles himself. Er wohnt gleich gegenüber der Marina. Nach einem netten Plausch nimmt er uns mit in sein pandemiebedingt seit Monaten geschlossenes Geschäft.

Alle Auslagen sind leer, doch im Hinterzimmer holt er ein paar Schätze für uns hervor. Nicht nur bei Samuel glänzen die Augen, auch Maila erinnert sich an die kürzlich von den Großeltern avisierten monetären Gaben zu den anstehenden Festen. Beide schlagen zu. Samuel kennt mal wieder kaum eine Grenze und entscheidet sich für zwei größere Rohsmaragde und einen kleinen geschliffenen Stein. Maila findet einen wunderschönen Anhänger für sich, den sie aber tatsächlich erst an Ihrem Geburtstag (also im Januar!) tragen möchte. „Mister Emerald“ macht uns einen guten Preis, Maila bekommt eine Kette geschenkt und alle sind glücklich.

Ein letztes Mal durch die Altstadt…

Auf dem Rückweg werfen wir noch einen Blick in das provisorische Goldmuseum der Stadt und machen einen Abstecher zu „Los Zapatos Viejos“. Diese fast 65 Jahre alten, ausgelatschen Stiefel aus Bronze sind eine Hommage an den sehr beliebten lokalen Dichter Luis Carlos López, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht nur, aber besonders auch seiner Heimat(stadt) ein literarisches Denkmal setzt. Bei unserem Besuch im benachbarten Castillo de San Felipe hatten wir diesen touristischen Pflichttermin verpasst. So posiert die Familie nun halt nicht bei strahlender Sonne, sondern leichtem Nieselregen für die obligatorischen Fotos.

… bis zu den alten Stiefeln!
Ob die mir passen? ;-)

Davon, dass es sich mit Schmuckhandel in Cartagena durchaus gut leben lässt, können wir uns am nächsten Tag bei einem Besuch „Mr. Emerald“ zu Hause überzeugen. Vom seinem Balkon im 16. Stockwerk schweift der Blick über Bucht und Hafen, während unser Gastgeber interessante Geschichten erzählt. Ja, hier lässt es sich in der Tat gut aushalten…

Was für ein Ausblick!!!

Ansonsten ist im Club Nautico alles wie immer. Besonders am Wochenende fahren die großen Partyboote vollbesetzt raus und sorgen für ordentlich Schwell. Ein kleiner „Hühner-Popo“ (ja, dieses lokale Wetterphänomen heißt wirklich „Culo de Pollo“!) zieht durch und zieht zur allgemeinen Überraschung mal keinen Ankerlieger mit sich.

Party-Time
Die Offiziellen kennen auch nur „Volle Kraft voraus!“

Wir lassen noch die Gasflaschen auffüllen und für wenig Geld kratzt uns der Hafentaucher (natürlich auf eigene Rechnung ;-) den Rumpf sauber. Dann ist es endlich soweit. Unser Agent José besorgt das notwendige Zarpe, wir fahren noch einmal zur Tankstelle und dann heißt es „Adiós Cartagena“.

A Mi Ciudad Nativa

Noble rincón de mis abuelos: nada
como evocar, cruzando callejuelas,
los tiempos de la cruz y de la espada,
del ahumado candil y las pajuelas…

Pues ya pasó, ciudad amurallada,
Tu edad de folletín… Las carabelas
se fueron para siempre de tu rada…
¡ya no viene el aceite en botijuelas!

Fuiste heróica en los tiempos coloniales,
cuando tus hijos, águilas caudales,
no eran una caterva de vencejos.

Más hoy, plena de rancio desaliño,
bien pueden inspirar ese cariño
que uno le tiene a sus zapatos viejos.

Luis Carlos López