Commersondelfine auf dem Weg zum Golfo Nuevo

So schön es in Bahía San Blas auch war, die Passage rein und raus ist dank der Gezeiten nicht ganz einfach. Man braucht genug Wasser für die flachen Stellen, beim Rausfahren am Besten ablaufenden Ebbstrom, dazu sollte die Wettervorhersage passen und Dunkelheit ist auch nicht förderlich. Unser Kompromiss war ein Anker hoch um 18 Uhr… leider etwas zu früh für perfekten Strom, aber irgendwie und -wann waren wir dann doch noch rausgekommen… und am Abend, als wir die 90° auf Kurs abbiegen konnten, gingen auch endlich die Segel hoch! Schönstes Halbwindsegeln mit 5 Bft. durch die Nacht wurden gekrönt von einem atemberaubenden Sonnenaufgang mit Albatrossen.

Am Nachmittag hatten wir dann mal wieder Delfine am Boot. Laaaaaangweilig!? Definitiv nicht!!! Zum ersten Mal sahen wir die markant gefärbten und ausgesprochen verspielten Commersondelfine, welche es auch nur von hier bis zur Südspitze Südamerikas gibt. Und dass sie – zumindest laut Bestimmungsbuch – selten in Schulen von mehr als zehn Tieren unterwegs sein sollen, hatten sie an diesem Tag ganz offensichtlich vergessen… so viele Delfine auf einmal hatten wir noch nie!

Und die Kinder erklärten sie umgehend zu ihren Lieblingsdelfinen!

Am Abend sah es vor uns dann mal wieder weniger schön aus… dunkle Wolken mit dem inzwischen wohlbekannten doch immer noch ungeliebten „Wetterleuchten“ (also Blitzen) waren voraus.

Schon wenig später drehte der Wind auf die Nase. Doch wir hatten gleich doppelt Glück, passierten die enge Durchfahrt in den Golfo Nuevo bei günstigem Strom und erreichten rechtzeitig unseren Ankerstopp in der Fondeadero Cracker… natürlich bei Dunkelheit.

Hier war eine schwere Entscheidung zu treffen. Der Golfo Nuevo ist ein Tierparadies, in dem andere Yachten viel Zeit verbrachten und schöne Eindrücke teilten. Allerdings waren wir ohnehin schon recht spät dran, die bei dem angesagten Wind nur halbwegs geschützten Häfen ein ganzes Stück weit drin in der großen Bucht und auch die hiesige Wal-Saison war im Grunde schon vorbei. Außerdem war unser Dieseltank fast leer. So warteten wir hier also nur – wieder einmal – den Durchzug der Front ab, und machten uns dann (immerhin in Begleitung unserer ersten Magellanpinguine) direkt weiter auf den Weg nach Süden. Nur noch gut 50sm zu unserem nächsten Ziel… Rawson voraus!

Eine überfüllte Ankerbucht in Bahía San Blas

In der Gesamtschau sind wir in Südamerika echt wenigen anderen Segelbooten begegnet. Einzige Ausnahmen waren eigentlich nur unser Ankunftshafen in Brasilien, Rio de Janeiro, Buenos Aires und später dann noch Ushuaia. Aber sonst?

Wir machten uns zum Jahresende 2019 also wieder auf den Weg in die Einsamkeit. Über 500sm hatten wir uns vorgenommen, wobei es ja schon fast 80sm braucht, bis man von Buenos Aires aus das braune Wasser des großen Deltas des Río de la Plata hinter sich gelassen hat. Es war wirklich ein gutes Gefühl, den Rumpf endlich wieder im bekannten Blau des Meeres zu sehen.

Wenig Änderung zeigte die Wechselhaftigkeit des Wetters. Kurz nach unserer Abfahrt sahen wir wieder einmal ein Gewitter über Buenos Aires. Und wieder einmal wurden wir von Wolkengebilden verfolgt, die kein Segler gerne sieht.

Als dieses Wölkchen uns einholte, drehte der Wind um 120° und frischte ganze 3 Bft. auf gut 30 kn auf. Wenigstens blieben die Blitze über Land. Und es muss ja auch nicht immer so sein. Die Front am nächsten Tag sah ganz ähnlich aus, verpuffte aber vergleichsweise harmlos. Wind war plötzlich weg (Motor), kurz danach wieder da (Segel), dann wieder stärker (Reffen) und dann wieder weg… kann der sich nicht mal einigen? Das ist schon eine echt komische Wetterecke hier… keine Trauer, wenn wir diese endlich hinter uns gelassen haben würden.

Den Jahreswechsel waren wir gerade bei Mar del Plata. Also die Familie schlummerte selig im Bett und der Skipper schaute sich das einige Meilen entfernte Feuerwerk an. Prost Neujahr! Am Neujahrsmorgen hatten wir dann nach längerer Zeit auch mal wieder tierischen Besuch.

Nach etwas mehr als vier Tagen liefen wir Bahía San Blas an. Eigentlich wollten wir noch ein Stück weiter, aber es zog mal wieder ein Tief mit angesagtem Starkwind auf die Nase durch. Das wollten wir in dieser Bucht abwarten. Obwohl es eigentlich keine richtige Bucht war, sondern eine rundherum trocken fallende Einbuchtung. Auf der Karte dominierten Tiefenangaben unter einem Meter, doch der Revierführer versprach genug Wasser unter dem Rumpf und sollte damit Recht behalten.

Bei Hochwasser sah es aus, als ankerten wir irgendwo im Nirgendwo, bei Niedrigwasser wirkte es wie ein von strahlend grünen Flächen und an das Wattenmeer erinnernde sandige Weiten umgebener Fluss. Am Ufer lebten Schwärme von Flamingos und diverser Seevögel… ein wunderschöner Ort.

Bei Hochwasser ist das alles überflutet!

Und hier lagen wir dann auch tatsächlich mal nicht alleine vor Anker. Die erste Nacht kam noch ein zweiter Segler rein und ließ irgendwas zwischen 100 und 200 Meter neben uns den Anker fallen… dazu dann noch der Seelöwe auf Nahrungssuche… also für hiesige Verhältnisse war das damit eine fast schon überfüllte Ankerbucht!

Sightseeing in Buenos Aires (2)

Natürlich durften bei unseren Stadterkundungen die großen Touristen-Klassiker nicht fehlen.

La Boca“ im Süden ist für Fußballfans im Wesentlichen Heimstadt der Boca Juniors, neben River Plate eine der Antipoden heimischer Sportfans. Entweder – oder… tertium non datur. Hier freut sich ein Boca-Fan sogar über die Niederlage von River Plate gegen Rio im Copa-Finale!

Den normal-sterblichen Touristen zieht es insbesondere zu den bunten Häusern von Camenito. Kunst, der hier wahrscheinlich begründete Tango, klassische Touri-Fallen aber auch Fußball sind allgegenwärtig.

San Telmo“ ist eines der ältestes Viertel der Stadt und wir hatten, wie allerdings auch viele andere Touristen, das glückliche Timing, zum sonntäglichen Antiquitätenmarkt „Feria de San Telmo“ auf der Plaza Dorrego und den umliegenden Straßen dort zu sein.

Kunst…
… und Trödel?!

Das bunte Treiben überall fand seinen geschäftigen Höhepunkt im „Mercado de San Telmo“ von 1897. Hier erwarb der Skipper vor nunmehr fast 12 Jahren sogar mal ein altes Buch über Berlin (… natürlich auf Spanisch ;-).

Ganz in der Nähe genossen wir auch einen kulinarischen Höhepunkt. Besonders unsere Kleinste schwärmt auch nach Monaten noch von den hier servierten Medaillons. Und auch der Rest der Crew kam ausnahmslos auf seine Kosten.

Für den kleinen Hunger zwischendurch!

Ein weiterer Pflichtbesuch ist der „Cementerio de la Recoleta“, einer der bekanntesten Friedhöfe der Welt. Allen voran liegt hier die in Argentinien heute noch von vielen verehrte und allen besuchte Evita Duarte de Perón.

Doch auch sonst gibt es hier so viele Ecken zu entdecken. Alte, teils auch schon verfallene Grabstätten liegen neben beeindruckenden Mausoleen, Denkmälern der Erinnerung, aber auch einigen wenigen grünen Pfaden…

… ein Gesamtkunstwerk!

Sightseeing in Buenos Aires (1)

Natürlich kann man in einer Stadt wie Buenos Aires die ganz banalen touristischen Themen nicht vernachlässigen. So machten auch wir uns gleich mehrmals auf den Weg, die „eigentlichen Sehenswürdigkeiten“ dieser Stadt zu erkunden.

Die Innenstadt von Buenos Aires wird allgemein „Microcentro“ genannt, das Zentrum der Hauptstadt und zugleich des ganzen Landes. Am ältesten und wichtigsten Platz der Stadt, dem „Plaza de Mayo“ finden sich unter anderem der Präsidentenpalast „Casa Rosada“…

… sowie die „Catedral Metropolitan“.

Der Besuch letzterer war dann auch ein sehr ungewöhnliches Erlebnis. Nicht der Umstand eines gerade parallel zu den Touristenströmen abgehaltenen Gottesdienstes wirkte befremdlich, sondern vielmehr die vom landesweiten, in Buenos Aires direkt vor der Kathedrale auf dem Platz stattfindenden, „CantArgentina“-Festivals herein drückende Musik wollte so überhaupt nicht passen… was für eine Kakophonie!

Die musikalische Hälfte der Crew tanzt auf CantArgentina :-)

Natürlich darf auch ein Blick auf den Obelisken nicht fehlen.

In der „Calle Florida“, wichtigste Fußgängerzone der Stadt, fanden wir auch Heiligabend bei 32° noch letzte Weihnachtsgeschenke.

Galeria Pacifico

Dabei war der Ruf „Cambio“ allgegenwärtig: alle paar Meter pries ein halblegaler Geldwechsler mit diesem Ruf seine Dienste an. Hier hätten wir wohl tatsächlich auch US-Dollar bekommen können. Auf offiziellem Wege im Bankenviertel war das jedenfalls nicht möglich.

Das neu gestaltete Hafenviertel „Puerto Madero“ befand sich ebenfalls gleich um die Ecke. Anfang der 90er Jahre noch in Ruinen gelegen, ist es nun der jüngste, am Höchsten in den Himmel ragende und teuerste Stadtteil von Buenos Aires, der zudem das größte Naturreservat der Stadt beherbergt. Und auch hier ist die Musik des argentinischen Herzens präsent… die Puente de la Mujer soll ein tanzendes Tangopärchen symbolisieren.

Der alte, neue Hafen

Das nördlich vom Zentrum gelegene „Retiro“ war für uns eher ein mit Uber oder Fahrrad zu nehmender Durchgang zu den offiziellen Stellen der Prefectura Naval sowie Migration, einer Tankstelle (Dank nochmal dem Fahrer, welcher so entspannt meine vollen Dieselkanister transportierte) oder zum Einkaufen. Dabei ist dieses Viertel von Gegensätzen geprägt.

Bahnhofsvorplatz in Retiro

Verkehrsknotenpunkte von Bussen, Bahn, Fähren und Kreuzfahrern liegen direkt neben dem gepflegt-beeindruckendem Zentrum sowie der „Villa 31“. Letzteres ist eine gigantische „Hüttensiedlung“ zwischen Bahnhöfen, Gleisen und vielbefahrenen Straßen. Armut trifft Kreativität. Die „Hütten“ reichen mit bis zu fünf Stockwerken, die nie einen Statiker oder Architekten gesehen haben bis auf Griffweite zur auf Stelzen vorbeiführenden Autobahn… man hat das Gefühl, im Vorbeifahren die Wäsche abnehmen zu können! Trotzdem war es genau hier, wo in der Vorweihnachtszeit der abendliche Lichterglanz der Fenster am hellsten schien.

Shopping in Buenos Aires

Wie La Skipper ja schon anmerkte, hatten wir für Buenos Aires eine echt lange Einkaufsliste. Leider waren wir dafür in einem eher ungünstig gelegenen Hafen. Wir lagen zwar ziemlich zentral in der Stadt, die meisten Marinas und Ausstatter befinden sich aber einige Kilometer nördlich. Auf die Frage, wo ich denn am Besten Sachen für das Boot bekommen würde, verwies man mich auf “Baron”. Da gebe es alles. Schien also so eine Art Argentinisches AWN zu sein. Mit Uber fuhr ich die 17km zum nächsten Laden in Olivos und war dann doch etwas überrascht. Es erwartete mich ein kleiner, etwas miefiger Laden mit vorsichtig gesagt eingeschränkter Auswahl. Na toll. Wenigstens hatte ich ein paar Leinen bekommen (die, wie ich an Bord feststellen musste, jedoch falsch abgemessen wurden!).

Ich war echt bedient. Was tun? Ich biss in den sauren Apfel und peilte San Fernando gut 10km weiter an. Da fährt ja ein Vorortzug hin. Aber wie war das mit den Tickets? Musste ich da nicht eine Karte kaufen und aufladen? Das war in Olivos aber leider nicht möglich. Ich stand also vor dem Drehkreuz und überlegte, wie es nun weiter gehe, als mir eine nette Dame von innen das Tor für Rollstuhlfahrer aufmachte. Ja, ich gebe es zu, ich bin den ganzen Tag schwarz gefahren. Irgendwie fand sich immer ein Weg ohne Karte rein und ohne Kontrolle raus zu kommen.

Keine Kontrolle in Sicht :-)

In San Fernando lagen die einschlägigen Geschäfte dann natürlich nicht wirklich in Bahnhofsnähe. Nur gut, dass ich schon die schweren Leinen im Rucksack hatte. Hier fand ich dann aber wenn natürlich nicht alle, so doch recht viele wichtige Sachen von unserer Liste. Ich bekam sogar Harken-Blöcke, ein Segelmacher schenke mir etwas Reparatur-Tape und selbst der Baron hier erinnerte eher an einen Bootsausrüster als an einen Garagenshop.

Schon auf der Hinfahrt im Uber-Auto hatte ich einen großen Carrefour und – für heute viel wichtiger – Baumarkt gesehen. Und da ich ja auch erst ein paar Stunden (länger als der Familie avisiert) unterwegs war, blieb genug Zeit… also raus aus dem Zug und rein in die Läden. Im Supermarkt gab es sogar eine deutsche Ecke, in der der typisch deutsche „Herr Kukumber“ (sic!) ebenso typische Produkte wie Gewürzgurken und Mecklenburger Weißbier(!!!) anpries. Letzteres zwar in Deutschland, letztlich aber von der dänischen Harboe Bryggery Gruppe gebraut!

Für die letzte Fahrt, es war inzwischen schon 21 Uhr!, gönnte ich mir dann doch nochmal einen Fahrdienst. Dort erreichte mich dann auch der besorgte Anruf vom bordeigenen Satellitentelefon, ob denn alles in Ordnung sei. Ja, irgendwie war es das schon. Ich war fertig und hatte selbstredend nicht alles bekommen. In dieser Hinsicht war Buenos Aires dann doch eine leichte Enttäuschung. Allerdings war das bei unseren übersteigerten Erwartungen ja auch nicht wirklich anders zu erwarten.

Warum muss ich hier auch am Vorabend von Heiligabend einkaufen?!?

Wenigstens hatte ich schon den großen Supermarkt ausgemacht und angetestet, den wir dann noch für unseren Großeinkauf ansteuerten. Und einige andere Läden für kleinere Einkäufe waren gut mit dem Bordfahrrad zu erreichen. Wobei das Fahrradfahren hier echt ein Abenteuer war. Manchmal fanden sich durchaus brauchbare Fahrradwege, meistens jedoch blieb man auf den Straßen. Wobei das Thema Einbahnstraßen im Wesentlichen den Autos vorbehalten war. Zu Hause habe ich es nie gewagt, derartig durch die Gegend zu radeln, schon gar nicht als knapp 2m-Mann auf einem kleinen, immer wieder neugierige Blicke auf sich ziehenden Klapprad. Aber das machte hier nun mal jeder so, und man soll sich seinem Gastland ja auch etwas anpassen.

Und nicht ein Auto hat gehupt!!!

Dabei half ungemein eine andere aus Berlin eher seltene bekannte Eigenart im Straßenverkehr: Rücksicht! Fast jeder passt auf, man beharrt nicht auf sein Recht, im Zweifel wird gebremst, selbst für Fußgänger! … und was ist eigentlich eine Hupe? Ja, Buenos Aires ist neben so vielem anderem groß, hektisch, laut und dreckig… eine Großstadt halt… nicht unbedingt das, was wir suchen. Aber wenn schon, dann wenigstens so eine Großstadt wie diese hier… selbst für Shopping und auf der Straße eine Reise wert.