Alltagsprobleme in der Antarktis: Körperhygiene

„Körperhygiene an Bord eines Segelbootes wird total überbewertet!“ So sprach vor Jahren Segellehrer Uwe und die anwesenden Männer nickten wissend. Sicher, mit diesem Thema geht jeder auf seine Art und Weise um, von der mindestens täglichen Dusche bis hin zur wochenlang vor sich in modernden Duftbombe gibt es jede erdenkliche Spielart. Doch eines muss an dieser Stelle mal festgehalten werden: Eine „robuste“ Einstellung zu diesem Thema ist an Bord eines Segelbootes auf Langfahrt manchmal unumgänglich.

In wärmeren Region mag das alles ja kein Problem sein. Nach dem täglichen Sprung in das badewannenwarme Meer geht es kurz mit der Heckdusche über den gebräunten Leib… da bleibt maximal etwas Salzaroma haften. Eine andere Sache ist das, wenn die Temperaturen sinken. Das kann durchaus schon in Argentinien der Fall sein. Ende 2019 im Yacht Club Buenos Aires frisch geduscht musste das dann auch erst mal eine Weile reichen. Sage und schreibe am 11. Januar nahm die Crew der Samai in einer konzertierten Aktion ihre erste Dusche des Jahres 2020. An Bord. Ja, wir nennen den Luxus einer separaten Borddusche unser Eigen. Warmes Wasser gibt es allerdings nur mit Landstrom oder wenn der Motor läuft… und auch dann nicht unbegrenzt. Ansonsten nimmt der Wassertank nahezu die Temperatur des den Rumpf umgebenden Meeres an.

Tja, und dann fährt man für einen Monat in die Antarktis. Natürlich waren wir alle in Ushuaia nochmal unter die Dusche gegangen. Das war am 31. Januar. Und heute ist der 3. März. Warum wir nicht alle regelmäßig an Bord duschen? Dagegen sprechen im Eis einige Argumente:

  • Es gibt hier zwei Möglichkeiten, den Wassertank zu füllen. Mit Kanistern zu einem der eher seltenen Gletscherschmelzbäche paddeln (haben wir bei den Melchior Islands tatsächlich gemacht!) oder der bei kaltem Wasser deutlich weniger effiziente Wassermacher (für den allerdings der Motor laufen muss).
  • Wir sind im Geltungsbereiches des Antarktisvertrages und haben damit unter anderem die Auflage, dass auch Grauwasser nur mindestens 3sm von Land entfernt eingelassen werden darf sowie genauer Ort, Zeitpunkt und Menge in einem Nachreisebericht dokumentiert werden müssen. Die Dusche pumpt direkt ins Meer.
  • Die Temperatur unter Deck pendelt sich am Tag bei ca. 10°C ein. Da kostet es schon etwas Überwindung, sich aus den zwiebelartig getragenen Kleidungsschichten zu pellen, frohgemut unter die (anfangs natürlich eiskalte) Dusche zu hüpfen und anschließend, möglicherweise gerade mal so halbwegs angewärmt, triefnass wieder rauszukommen.

Kurz und gut: In der Wasserbilanz des Monats Februar spielt die Position „Dusche“ keine Rolle.

Na dann werden wir aber doch sicher regelmäßig, wenn nicht täglich unsere Wäsche gewechselt haben?! Hand aufs Herz: Wie viele Schlüppies liegen im heimischen Schrank? An Bord eines Langfahrtschiffes sind es mit Sicherheit weniger! Und nochmal… wir reden hier von gut 30 Tagen. Also nein, Wäschewechsel erfolgte ausschließlich nach Bedarf. Ob das nun so selten sein muss wie beim Skipper (war das wirklich wöchentlich oder noch seltener?! ;-) sei mal dahingestellt.

Einziger Vorteil in der kalten Umgebung ist, dass man nicht soviel schwitzt. Also eigentlich gar nicht. Daher stinkt man auch nicht ganz so schnell. Aber Fakt ist, dass wir sicherlich in einem für Außenstehende olfaktorisch relevanten Umfang müffeln. Nicht alle gleich intensiv, natürlich gibt es nicht zuletzt hormonell bedingte Abstufungen. Ich sage mal, dass die einsetzende Pubertät eines Teens in dieser Hinsicht sicher kontraproduktiv ist, wohingegen sich in noch jüngeren Jahren das Stinkpotential im Wesentlichen auf die Ausscheidungen beschränkt. Damit sind dann auch die Eckpunkt unserer internen Mief-Tabelle definiert, die Eltern reihen sich dazwischen ein.

Aber so ist das nun einmal. Ich betone immer wieder, dass wir hier auf Weltumseglung ja nicht in einem 3-jährigen Dauerurlaub sind, sondern eigentlich „nur“ unseren Lebensstil für eine gewisse Zeit geändert haben. Das bringt im Wortsinn Veränderung mit sich Eine davon ist unbestritten das Thema Körperhypgiene… aber die ist, wie eingangs ja schon erwähnt, ohnehin völlig überbewertet.