Auf nach England!

Nun ist also auch mal wieder der Skipper dran, an dieser Stelle einen Beitrag zu leisten. Die Kinder waren in den letzten Tagen echt fleißig. Was bleibt mir da noch zu erzählen? Einige Dinge werden sich vielleicht wiederholen, aber vielleicht gibt es ja doch noch einige kurzweilige Geschichten zu erzählen.

Klippen bei Dover

Ja, wir haben tatsächlich unseren ersten langen Schlag gemacht. Vor Texel wurde Vollzeug (also Großsegel und Fock) gesetzt und knapp 300sm später erst nach gut 48 Stunden Segeln direkt vor Portsmouth wieder geborgen.

Ursprünglich wollten wir uns südlich der ganzen Verkehrstrennungsgebiete im Englischen Kanal halten und dann spontan entscheiden, ob wir nach links (Frankreich) oder rechts (England) fahren. Bei dieser Frage scheiden sich ja ohnehin die Geister. Nun haben wir das Boot aber vor gut vier Jahren in Frankreich abgeholt, in Englischen Gewässern war es dagegen noch nie. Daher fiel die Entscheidung für letzteres doch schon recht früh vor der Niederländischen Küste. Damit wäre die ursprünglich geplante Route aber ein Umweg von gut und gerne 20sm geworden. Folglich haben wir dann an der Engstelle zwischen Dover und Calais doch den Kanal gekreuzt… nur kurz nach einen allgemeinen Funkspruch der „Coast Guard“, in dem alle (insb. Handels-) Schiffe aufgefordert wurden, jedwede Besonderheit zu melden. Als Beispiel wurden ausdrücklich querende Sportschiffe genannt. Im Endeffekt war es aber sehr entspannt.

Ein besonderes Erlebnis waren natürlich die Nachtschläge. Das haben wir als Familiencrew auf der Samai bisher ja eher selten gemacht (ich erinnere mich eigentlich nur an Bornholm – Klintholm vor einigen Jahren). Doch im Gegensatz zu vielen meiner früheren Nachtschläge war ich dieses Mal nicht alleine in der Pflicht. Die erste Nacht war es nur Samuel, doch in der zweiten Nacht weigerte sich dann auch Maila vehement ins Bett zu gehen. So haben die zwei also gut zugedeckt draußen geschlafen. Und so leid es mir für meinen tapferen Sohn auch tut… ja, er hat wirklich auch mal geschlafen und nicht nur gedüselt! Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass er sein „düseln“ in beiden Nächten für die Begutachtung der rot blinkenden Windparks kurz unterbrochen hat.

Montagmorgen dann in Portsmouth angekommen haben wir einen Blick in die Marina bei den Gunwharf Quays geworfen… die einzige Anlegemöglichkeit auf der östlichen Portsmouth-Seite. Ich war gerade kurz unter Deck, als mich die eindringlichen Rufe von La Skipper ans Steuer riefen. Der Rückwärtsgang funktionierte nicht, der Gashebel blockierte, er ließ sich schlichtweg nicht richtig nach hinten legen. Schnell gedreht und raus aus dem Hafen, eine freie Boje erspäht und erstmal festgemacht. So ein Mist!

Immerhin hatte ich ja knapp zwei Stunden geschlafen, da kann man sowas schon mal gebrauchen. Diverse Telefonate mit Nils (nochmals Danke!), Volvo, der nahegelegenen Haslar Marina und wenig später lagen wir längsseits im Hafen und hatten für den Folgetag einen Volvo-Mechaniker an Bord vereinbart. Sowas ist ja echt günstig: nur 150 Pfund Anfahrt und dann nochmal 150 Pfund je Stunde. Und dann wissen wir vielleicht was los ist. Die schlimmste Option wäre, dass das Boot für eine Reparatur des Saildrive aus dem Wasser muss.

Nun ja, wenn man müde ist, dann dauern die Gedankengänge schon mal länger. Bei der Hafeneinfahrt hatte ich bemerkt, dass der Rückwärtsgang wohl doch reingeht, ich aber kein Gas mehr geben kann. Dagegen funktionierte das über denselben Bowdenzug (also die Verbindung zwischen Motorhebel an Deck und Motor unter Deck) vorwärts und ausgekuppelt sehr gut. Vielleicht doch etwas in der Mechanik des Schalthebels? Ok, Steuerbordkompass abgenommen und hinter die Fassade geschaut. Kinnlade runter. Das ist jetzt nicht wahr! Hat sich da tatsächlich die Spitze einer Angelrute in der Mechanik verhakt? Ich hatte ein paar Tage vorher versucht im Technikraum Ordnung zu schaffen und dabei halt auch diese Rute hinten verstaut, die sich im Schaukeln der Wellen nun so ungünstig verschoben hatte. Dann aber doch große Erleichterung. Keine große Sache. Dieses Problem kann ich sogar ganz alleine beheben. Nur noch schnell den Volvo-Service abbestellt und dann doch recht früh ins Bett. Für mich recht ungewöhnlich habe ich mich gegen 17 Uhr mit den Worten „nur für eine halbe Stunde“ zurückgezogen… und war bis zum nächsten Morgen nicht mehr gesehen.

Ausblick zum Historic Dockyard

Dienstag stand dem geplanten Sightseeing dann leider eine Unpässlichkeit von La Skipper entgegen, so dass wir einen reinrassigen Hafentag eingelegt haben. Immerhin wurde die berüchtigte 2do-Liste gekürzt. So ist nun die H50 Handfernbedienung für das Funkgerät in der Pflicht angebracht, und wenn man schon an den Kabelkanälen ist, dann kann man ja auch gleich die Verbindung von der Naviecke zu der externen Antenne für das Satellitentelefon am Heckgeräteträger verlegen. Leselampe in Heckkabine repariert, Sicherheitsnetz im Schapp unter der Pantry angebracht, aufgeräumt… so verging der Tag.

Nur das Problem mit meinem Handy ließ sich leider nicht beheben. Irgendwo vor den Niederlanden hat eine überkommende Welle durch die Leinenführung etwas Wasser hinter die Sprayhood gebracht. Da lag mein Handy. Es wurde nur an der Unterseite ein wenig nass, aber das reichte. Seitdem lässt es sich nicht mehr laden. Auch nach einem Wechsel der Ladebuchse nicht. Der Experte meinte, dass es wohl ein Problem mit dem Mainboard sei… kann man wechseln, braucht aber Zeit. So bin ich nun also auf ein altes, erst von Sandra, dann von Samuel aussortiertes iPhone 5 umgestiegen. Fast schon nostalgisch.

Mittwoch sind wir dann doch noch mit der Fähre auf die andere Seite nach Portsmouth gefahren. Doch über den Spinnaker Tower muss ich nach den Beiträgen der kreativen Kinder wohl kein Wort mehr verlieren. Abends haben wir uns dann unseren ersten Restaurantbesuch im grünen Feuerschiff gleich nebenan gegönnt: Fish & Chips mit Ausblick für die ganze Familie. Also das können sie wirklich gut hier in England.

Samai vor dem Feuerschiff

Maila auf dem Spinnaker Tower

Ich bin in Portsmouth. Das ist in England. Da sind ein ganz berühmtes Schiff (die Victory von Lord Nelson bei Trafalgar) und ein berühmter Tower, nämlich der Spinnaker Tower. Da war ich drauf. 170m hoch war der, aber er hatte eine Spitze und wir konnten nicht ganz nach oben. Im Fahrstuhl haben wir einen Druck auf den Ohren gespürt. Es gab drei Etagen, aber wir sind nur in zwei Etagen gegangen, weil eine Etage ein Café-Ding war. Und beim Runterfahren haben wir auch etwas auf den Ohren gespürt.

Und es gab eine Stelle, da war unter unseren Füßen Glas. Zum Glück hat das Glas gehalten. Aber es war trotzdem sehr gruselig. Ich habe mich fast die ganze Zeit festgehalten. Außer ganz am Ende. Da bin ich ganz ohne Festhalten in die Mitte gegangen und Papa hat ein Foto gemacht von mir. Es ging ganz weit nach unten.

Anfangs habe ich mich nicht getraut aber Samuel und Mama und Papa sind sofort draufgegangen. Mama hat sich erst am Geländer festgehalten, aber dann ist sie einfach übers Glas gelaufen. Es gab so eine abgegrenzte Station da musste man so eine Brille aufsetzten und so Dinger in den Händen halten und dann denkt man, man ist auf so einem Balken auf dem Tower und man muss so eine Glocke schlagen (Virtual Reality). Der Spinnaker Tower war sehr teuer und das alte Schiff war ganz teuer. Deswegen haben wir uns nur den Tower angeguckt. Wir hatten eine wunderschöne Aussicht vom Tower. Da waren auch ganz viele andere Militärschiffe. Wir haben sogar einen Flugzeugträger gesehen.

Maila

Ein schöner Ausflug in Portsmouth

Heute sind wir mit der Fähre über das Wasser zum anderen Ufer gefahren. Dort haben wir den Spinnaker Tower besucht. Der ist 170m hoch und hat drei Etagen: die erste auf 100m, die zweite und dritte ungefähr auf 105m und 110m. Es ging mit dem Fahrstuhl nach oben und wir haben Druck auf den Ohren gespürt. Auf der untersten Etage gibt es eine Stelle, wo der Boden aus Glas ist. Da kann man rüber laufen und man guckt 100m in die Tiefe. Direkt unter die eigenen Füße.

Der Glasboden… ganz schön tief!

Maila hat sich anfangs nicht getraut, aber dann ist die doch draufgegangen. Zuerst nur mit am Geländer festhalten, aber am Ende ist sie tatsächlich in die Mitte gegangen. Ohne sich festzuhalten! Und sie guckte sogar runter!! Die zweite Etage ist ein Café, wo wir nicht drinnen waren. Die dritte Etage ist so eine Art Garten wo es sogar Liegestühle gibt. Man hat einen sehr guten Ausblick von allen Etagen.

In der Nähe unseres Hafens liegt ein riesiger Flugzeugträger. Vom Hafen aus sieht er klein aus, doch als ich ihn von oben gesehen habe, war er plötzlich viel größer. Und ich habe ihn mir immer kleiner vorgestellt. Von unserem Liegeplatz sehen wir auch den Spinnaker Tower. Nachts ist er beleuchtet und sieht dann mega-schön aus.

Der Spinnaker Tower bei Nacht

Samuel

Greetings from England!

Wir sind jetzt nach zwei Nachtschlägen tatsächlich in England angekommen. Unser Start war von der Westfriesischen Insel Texel. Papa ist jede Nacht gesegelt. Ich war auch die ganze Zeit oben, habe immer bis halb zwei gelesen, bin danach vielleicht ab und zu etwas eingedüselt, aber ganz bestimmt nie eingeschlafen. Meistens wurde nachts der Wind schwächer. Beim zweiten Nachtschlag hat uns einmal sogar fast nur die Strömung getrieben. Jede Nacht sind wir an einem großen Windpark vorbeigefahren und ich habe die beleuchteten Tonnen fast nicht gesehen, weil die Windräder so viele rote Blinklichter hatten. Mama hat Papa um halb sechs morgens abgelöst.

Ich lese gerne Tag und Nacht!

Wir waren teilweise über 10kn schnell, wegen Strom und starkem Wind. Wenn der Strom aber gegenan kam, haben wir nur etwa 5kn gemacht. Es hat selten geregnet und wenn, dann auch nur schwach. Der Wind kam fast die ganze Zeit von hinten, womit wir dann auch zwei Tage komplett durchsegeln konnten. Wir sind davor so oft gemotort, darum waren wir glücklich, dass wir die ganze Zeit segeln konnten.

Wir sind Montagvormittag im englischen Hafen angekommen, wo Mama erschreckt festgestellt hat, dass der Rückwärtsgang nicht geht. Darum haben wir an einer Boje festgemacht. Später sind wir dann mit Hilfe und notgedrungen nur dem Vorwärtsgang in den Hafen eingefahren und haben längsseits festgemacht. Und dann fand Papa das Problem: Eine Angel hatte sich in der Mechanik des Motorhebels verhakt.

Das ist mein Land!

Wir sind heute zu Aldi einkaufen gegangen. Er war größer, als ich dachte. Ich habe mich anfangs nicht wirklich zurechtgefunden, weil ich noch nie in so einem großen Einkaufsmarkt war. Es hat mir ebenfalls nicht wirklich geholfen, dass alles auf Englisch war. Aber nach 5-10 Minuten habe ich mich dann doch halbwegs alleine zurechtgefunden. Die hatten sogar Sachen, die man bei uns nur in Apotheken bekommt (z.B. Ibuprofen). Papa hat mir mindestens 20 verschiedene Chips-Sorten gezeigt. Wir haben auch zwei große Chips-Tüten gekauft, wo jeweils 30 kleine Tüten drin sind.

Samuel

Unser erster Nachtschlag

13. Juli 2019

Wir sind jetzt losgesegelt und auch schon aus Deutschland raus. Wir sind gerade bei unserem ersten langen Schlag, wo wir auch über Nacht segeln.

Die Weltreise dauert noch nicht so lange und wir haben noch nicht so viel gesehen. Aber wir hatten jetzt schon schöne Häfen. Ein Hafen hat uns sogar einen sehr leckeren Kuchen geschenkt. Schon am ersten Segeltag mussten mein Bruder und ich uns übergeben. Aber jetzt geht es schon besser, weil wir so einen Saft genommen haben und Samuel so eine Tablette, wo uns nicht so schnell übel wird.

Wir sind schon durch das Wattenmeer gefahren. Da kann man nur durchfahren wenn Flut ist, weil sonst da alles trocken liegt. Manchmal hatten wir nur 1,2m Wassertiefe und einmal sind wir sogar stecken geblieben. Unser Papa hat uns dann rückwärts gefahren und ist links ausgewichen. Da war es ein bisschen tiefer. Aber ich hätte da sogar noch stehen können.

Es ist sehr toll hier an Bord. Leider war der Wind noch nicht sooo gut sondern ein bisschen sogar schlecht. Aber heute ist er gut zum Segeln und deswegen fahren wir auch so ein langes Stück. Vielleicht fahren wir bis morgen Abend oder auch zwei Nächte durch.

14. Juli 2019

Jetzt ist der Nachtschlag vorbei. Ich war bis ein Uhr wach, habe mir das Meer und die Schiffe angeschaut. Es war aber sehr kalt. Deswegen haben wir uns zugedeckt. Und wir mussten auch eine Rettungsweste tragen, damit wir auf keinen Fall untergehen. Ich hatte eine Rettungsweste, mein Bruder auch und mein Papa auch. Meine Mama musste keine Rettungsweste tragen, weil sie schon im Bett war.

In der Nacht hat Papa uns erklärt, wie man die Untiefentonnen am Blinken erkennen kann. Dann weiß man, an welcher Seite man daran vorbeifahren soll. Für uns sind sie nicht so wichtig, weil es für uns meist noch tief genug ist. Für die großen Schiffe ist das wichtig.

Wir sind auch durch einen Ankerplatz für große Schiffe gefahren und da waren 18 riesige Schiffe. Auf unserer Strecke haben wir ganz viele große Schiffe gesehen. Viele haben geankert und gewartet, bis sie wieder was transportieren können.

Samuel war auch die ganze Nacht oben wie Papa, aber er ist zwischendurch eingeschlafen. Und in der Frühe um halb sechs sind Papa und er ins Bett gegangen. Dann hat Mama das Boot übernommen.

Wir sind aber immer noch nicht am Hafen, sondern noch auf dem Meer. Mama hat fast den ganzen Vormittag gesteuert, aber viel hat auch der Autopilot gemacht. Und jetzt muss sie auch eine Rettungsweste tragen. Heute hat es schon geregnet. Ich war mit Regenjacke draußen und habe beim Steuern zugeguckt. Das blöde ist, dass wir jetzt Gegenstrom haben und darum nur langsam vorankommen.

So sieht es jetzt aus!

Ich schreibe Euch, wenn wir beim Hafen angekommen sind.

Maila